Gute Werke vor der Bekehrung? Die Sicht aus der Perspektive der Bibel

1. Drang zum Wiedergutmachen, Schuldbewusstsein

In Zeiten geistlicher Erweckung gehen dem Menschen die Augen über seine geistliche Verdorbenheit auf. Die Sünden, die er früher  für eine Kleinigkeit e angesehen hat, erscheinen jetzt in einer unerträglichen Abscheulichkeit und Bosheit. Reue und Schamgefühle überwältigen den Bußfertigen. Gewiss möchte er alles möglichst schnell wiedergutmachen und möchte am liebsten jede Erinnerung an das Verkehrte auslöschen!  Er fragt sich, wie er so schmutzig vor Gott erscheinen kann. Mancher meint, um der Rechtfertigung willen, sich selber bestrafen zu müssen. Selbstkasteiung, Fasten, freiwillige Entbehrungen sind bei vielen Religionen üblich. Selbst bei manchen evangelikalen Strömungen kommen solche Handlungen vor. In der katholischen Kirche wurden Menschen, die solche Handlungen vollzogen haben, heilig gesprochen, wie zum Beispiel Heinrich Seuse, Adelheit Langmann und viele andere. Will man mit Gott alles in Ordnung bringen, scheinen solche reumütigen Handlungen im ersten Moment nicht verkehrt zu sein. Aber solchen, scheinbar gerechten, Sachverhalt wollen wir mit dem Wort Gottes überprüfen. Welches Verhalten ist Gott angenehm, wenn wir uns aufgemacht haben, uns Ihm zu nahen? Welche Gaben will Gott von uns oder welche Bedingungen stellt Er? Hier ist es wichtig, mehr von Gott selbst zu wissen und Seine Forderungen möglichst besser zu ergründen.

Wir finden in Jes 42,5 eine gewaltige Aussage: „So spricht Gott, der HERR, der den Himmel schuf und ihn ausspannte, der die Erde ausbreitete und was ihr entsprosst, der dem Volk auf ihr den Atem gab und den Lebenshauch denen, die auf ihr gehen…“ Dieser  Vers zeigt die gewaltige Größe Gottes. Alles kommt von Ihm und alles ist in Seiner Hand! Mit unseren begrenzten Fähigkeiten können wir gar nicht die Größe und Macht dieses großen Gottes begreifen. Alleine bei dem Versuch, die Vielfalt der Pflanzenwelt und der Tierwelt in Erinnerung zu rufen, verlieren sich die Gedanken des Menschen in dieser scheinbar unfassbaren Menge. Er hat nicht nur den Himmel und die Erde und was auf ihr ist geschaffen, sondern auch den Menschen. Er hat festgelegt, was für den Mensch gut ist. Er hat ihm Gesetze auferlegt. Welche Dimension soll die Strafe für die Übertretung Seiner Gebote erreichen? Wird Er damit zufrieden sein, wenn wir uns nach unserem Gutdünken mit guten Werken oder einer Selbstkasteiung unsere Schuld zu mindern oder gar zu tilgen versuchen?

2. Welchen Preis muss man für das Wiedergutmachen zahlen?

Nun wollen wir anhand der Bibel sehen, ob die selbstauferlegten Strafen und Opfer ausreichend sind  und den Forderungen des großen Gottes entsprechen. Schon im Alten Bund finden wir, dass laut Gesetz kein fehlerhaftes oder verunreinigtes Opfer Gott dargebracht werden durfte. Alle für das Volk Israel verordneten Opfer mussten makellos sein (vgl. 3.Mose 1,3 oder 3.Mose 3,1). Doch auch diese, von Gott verordneten Opfer, waren nicht vollkommen. Vor allem deshalb, weil sie nicht gleichwertig waren: Ein Schaf oder ein Stier ist nicht einem Menschen gleichwertig. Diese Opfergaben waren von Gott vorübergehend verordnet – sie waren lediglich ein Schatten des zukünftigen, des von Gott vorgesehenen, noch kommenden, Opfers ( vgl. Kol 2,17; Hebr 10,1). Und hier ist der Kern der guten Botschaft: Gott selbst hat Sein teuerstes, Seinen einzigen, kostbaren Sohn für uns als Opfer dargebracht. In 2. Kor 5,18 lesen wir: „Alles aber von Gott, der uns mit sich selbst versöhnt hat durch Christus und uns den Dienst der Versöhnung gegeben hat.“ Nun gibt es kein anderes „Tilgungsmittel“. Jetzt muss es klar werden:  In Bezug auf die Sündentilgung kann es keine „Selbstbeteiligung“ geben! Warum nicht? Wir wollen die Gründe detaillierter auflisten/ betrachten.

3. Gründe, warum keine „Selbstbeteiligung“ möglich ist

a) Keine Opfergabe unsererseits kann unsere Schuld auch im Geringsten mindern. Weil alles  durch Gott geschaffen ist, gehört uns Menschen auch nichts in dieser Welt!  Wir können Gott nichts „schenken“. Gott sagt in Ps 50,9-12: „Ich will keinen Stier aus deinem Haus nehmen, keine Böcke aus deinen Hürden; denn mir gehören alle Tiere des Waldes, das Vieh auf tausend Bergen. Ich kenne alle Vögel auf den Bergen, und was sich auf dem Feld regt, ist mir bekannt. Wenn ich hungrig wäre, so würde ich es dir nicht sagen; denn mir gehört der Erdkreis und was ihn erfüllt.“ Man kann auch sagen, dass alles Gold auf dem Planeten Erde  und alle Edelsteine Ihm gehören. Und noch eines muss beachtet werden: Der Herrscher des Alls hat keinen Bedarf weder an Geld noch an anderen Wertgegenständen.

b) Es gibt keinen anderen Preis oder kein anderes Zahlungsmittel für unsere Sünden als das Blut. Weil die Schrift sagt, dass die Seele des Menschen im Blut ist (3.Mose 17,11), muss notgedrungen jede Sünde durch Blutvergießen getilgt werden. Man kann darum sagen, dass das Blut das einzige „Tilgungsmittel“ für die Sünde ist. „(…) fast alle Dinge werden nach dem Gesetz mit Blut gereinigt, und ohne Blutvergießen gibt es keine Vergebung.“ (Hebr 9,22). Er hat für uns den Preis gezahlt – „Er hat den Schuldschein gegen uns gelöscht (…)“ (Kol 2,14). Durch „sein Blut“ hat Er uns errettet und uns für Sich geheiligt (vgl. Apg 20,28; Hebr 13,12).

c) Es gibt keine gute Werke, mit denen wir unsere Schuld freikaufen könnten. Christus „rettete (…) uns, nicht aus Werken, die, in Gerechtigkeit vollbracht, wir getan hätten (…)“ (Tit 3,5). Erstens: Wenn jemand zu Tode verurteilt ist und die Übertretung mit seinem Leben bezahlen muss, kann er nicht sein Leben durch gute Werke retten. Der Wert seiner Werke kann nicht den Wert seines Lebens ersetzen. „Deshalb, wie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist und der Tod durch die Sünde, so ist der Tod zu allen Menschen durchgedrungen, weil sie alle gesündigt haben.“ (Röm 5,12;  vgl. auch Röm 1,32). Zweitens: Wenn jemand durch gute Werke Vergebung empfangen hätte, so wäre es ein Verdienst und nicht Gnade. Die Erlösung bekommt der Mensch aber allein aus Gnade. „Ist’s aber aus Gnade, so ist’s nicht aufgrund von Werken; sonst wäre Gnade nicht Gnade.“ (Röm 11,6). Hier muss bemerkt werden, dass auch im Alten Bund die Errettung allein aus Glauben geschah. Selbst von Abraham sagt die Schrift: „Denn wenn Abraham aus Werken gerechtfertigt worden ist, so hat er etwas zum Rühmen, aber nicht vor Gott. Denn was sagt die Schrift? ‚Abraham aber glaubte Gott, und es wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet.‘ Dem aber, der Werke tut, wird der Lohn nicht angerechnet nach Gnade, sondern nach Schuldigkeit. Dem dagegen, der nicht Werke tut, sondern an den glaubt, der den Gottlosen rechtfertigt, wird sein Glaube zur Gerechtigkeit gerechnet“ (Röm 4,2-5; s. auch 2.Kor 5,18.19). Die Juden fragten Jesus direkt: „Was sollen wir tun, damit wir die Werke Gottes wirken? Jesus antwortete und sprach zu ihnen: „Dies ist das Werk Gottes, dass ihr an den glaubt, den er gesandt hat.“ (Joh 6,28.29).

d) Es gibt keinen anderen Weg zur Erlösung, als allein durch Jesus Christus: „Und es ist in keinem anderen das Heil; denn auch kein anderer Name unter dem Himmel ist den Menschen gegeben, in dem wir gerettet werden müssen“ (Apg 4,12). Weiterhin lesen wir in 1.Kor 15,21.22: „(…) denn da ja durch einen Menschen der Tod kam, so auch durch einen Menschen die Auferstehung der Toten. Denn wie in Adam alle sterben, so werden auch in Christus alle lebendig gemacht werden.“ Auch aus der Bibelstelle 1.Joh 2,2 geht klar hervor, dass Jesus in die Welt kam, die Sünden aller Menschen zu sühnen: „(…) er selbst ist die Versöhnung für unsre Sünden, nicht allein aber für die unseren, sondern auch für die der ganzen Welt.“

4. Doppelte Schuld

Vielleicht meint jemand, er muss als erstes etwas selbst wieder gut machen und erst danach bei Gott um Vergebung bitten? Wir wollen daran erinnern, dass  jeder, der ein Verbrechen gegen einen Menschen begangen hat, auch gegen Gott gesündigt hat. Man ist vor Gott und Menschen schuldig. Es besteht hierbei eine doppelte Pflicht zur Wiedergutmachung. Wir wollen es an einem Beispiel verdeutlichen: Hat jemand etwas gestohlen, ist er gegenüber der geschädigten Person schuldig und muss das Gestohlene zurückbringen oder den Wert dessen erstatten. Noch wichtiger aber ist die Tatsache, dass er das Gebot des allmächtigen Gottes übertreten hat. Im Bezug auf die Schuldigkeit Gott gegenüber bringt die Wiedergutmachung mit der betroffenen Person gar nichts! Wenn auch alles Gestohlene zurückgebracht und jedes andere Vergehen gut gemacht worden ist, ist der Verstoß gegen das Gebot Gottes noch nicht gesühnt worden. Hier  können nur das Gebet und der Glaube an das Blut Jesu Christi alles gutmachen! Gewiss will der Satan das Wichtigste, die Errettung der Seele, in den Hintergrund stellen und den Schwerpunkt auf das zweitrangige, nämlich die Wiedergut­ma­chung mit den Menschen setzen. Lehren mit solch einer Reihenfolge stammen vom Satan und sind für ihn durchaus wichtig. Die Wiedergutmachung mit den Menschen kann viel Zeit in Anspruch nehmen – in dieser Zeit kann das Wirken des Geistes Gottes nachlassen oder ganz aufhören. Den Autoren des Artikels ist ein Fall bekannt, bei dem die Rettung der Seele dadurch aufgeschoben wurde und die Person später nie die Vergebung Gottes empfangen hat.

Um den Menschen in zusätzliche Schwierigkeiten zu bringen, will Satan die von Jesus festgelegte Reihenfolge ändern. Jesus sagte: „Blinder Pharisäer! Reinige zuerst das Inwendige des Bechers, damit auch sein Auswendiges rein werde“ (Mt 23,26). Zuerst muss das Herz gereinigt werden und erst danach die Angelegenheiten mit den Mitmenschen. Jesus Worte geben zusätzliche Auskunft über die Natur und Beweggründen solcher Menschen. Er spricht hier zu den Pharisäern, die durch ihre eigene Gerechtigkeit gerettet werden wollten. Diese Pharisäer waren „blind“ – sie sahen den wahren Weg zur Errettung nicht.

5. Wem gehört die Ehre?

Den Versuch sich mit eigener Gerechtigkeit zu rechtfertigen will Satan noch gerne dazu gebrauchen, um das Werk Jesu zu entwerten. Er will die Ehre, die alleine Gott gehört, mindern. Es scheint so, als ob der Mensch zur Erlösung durch Christus noch selber etwas mit eigenen Werken beitragen könne. Das würde dann bedeuten, dass der Plan Gottes zu unserer Errettung fehlerhaft und nicht vollkommen ist. Dabei beurteilt Gott die scheinbar guten Werke gar nicht als „gut“. Jesus sagt: „Entweder macht den Baum gut, dann ist seine Frucht gut, oder macht den Baum faul, dann ist seine Frucht faul; denn an der Frucht wird der Baum erkannt. Otternbrut! Wie könnt ihr Gutes reden, da ihr böse seid?“ (Mt 12,33.34). Gott selbst ist die Quelle des Guten. „Niemand ist gut als nur einer, Gott“ (Lk 18,19). Bevor nicht das Gute – Gott – in unseren Herzen regiert und wir noch nicht mit Ihm versöhnt sind, können wir in Seinen Augen nichts Gutes vollbringen.

6. Die Umwege und das Ziel

Den Herzensfrieden und die Geistesruhe bekommen wir allein durch den Glauben an das vergebungsbringende Blut Jesu Christi. Zu dieser Erkenntnis kam auch Martin Luther, nach dem er schwere Kämpfe durchgemacht hatte. Obwohl ihm keine offensichtliche Sünde bewusst war, plagte ihn sein schlechtes Gewissen. Verhaltensfehler, unreine Worte und Gedanken hat er vergeblich versucht zu besiegen. Weder gute Werke noch Wallfahrten, weder lange Stunden im Gebet noch Geißelungen – nichts konnte das Gewissen beruhigen. Entmutigt rief er aus: “Je mehr man versucht, sich die Hände zu waschen, desto schmutziger werden sie.” Erst als er die Worte aus Röm. 1,17 las: „Denn der Gerechte wird aus Glauben leben”, ergriff er die Errettung im Glauben und erlangte den ersehnten Frieden mit Gott.

Martin Luthers Erfahrung ist ein Beispiel für den Zustand aller Menschen: Sie müssen feststellen, dass sie in den meisten Fällen ohne Gott zu Wiedergutmachungen oder Charakter­ände­rungen keine Kraft haben. Zweifel, Ängste, Schwachheiten und Mutlosigkeit zeigen ihnen nur allzu deutlich ihre eigene Ohnmacht und Unfähigkeit. Geistlich gesehen sind sie krank. Grade für diese Menschen ist Jesus gekommen. Er sagt: „Nicht die Gesunden brauchen einen Arzt, sondern die Kranken; ich bin nicht gekommen, Gerechte zu rufen, sondern Sünder zur Buße“ (Lk 5,31.32). Satan will den Menschen einflüstern, dass man eine Selbstheilung vornehmen und erst danach zu Gott kommen soll. Aber nur Gott allein kann die Kraft zu jeder guten Tat verleihen. Hat nun jemand Befreiungsversuche gemacht oder gewisse Dinge wiedergutgemacht, ist dadurch seine Bekehrung allerdings nicht  hinfällig geworden, sondern er nahm lediglich nicht den von Gott vorgegebenen kürzesten Weg und musste deshalb zusätzliche Kämpfe erdulden.

7. Fazit

Jemand mag behaupten, eine praktische Wiedergutmachung mit unseren Mitmenschen sei doch von Gott verordnet und darum wichtig und notwendig. Auch das Fasten und eine Demütigung vor Gott sei doch biblisch. Selbstverständlich! Es geht hier  jedoch um den Schwerpunkt und die Reihenfolge. Wir können fasten und uns vor Gott demütigen, aber entscheidend für unsere Rettung ist die Buße und das Gebet des Glaubens. Wir müssen das Gestohlene zurückbringen, aber als erstes muss das wichtigste für unsere Seele getan werden: Zuerst muss mit Gott alles ins Reine gebracht werden und erst dann mit den Mitmenschen.