Das „1000-jahrige Reich“: Die Illusion und die Wahrheit

Einleitung

Man wird wahrscheinlich nie mit Sicherheit sagen können, zu welchem Zeitpunkt der Traum von einem 1000-jährigen Reich entstanden ist. Zweifellos hatten schon die Juden in den Zeiten der Not und Unterdrückung eine Sehnsucht nach langjährigen Frieden, nach einem blühenden und mächtigen Königtum, so, wie es zu den Zeiten Salomo war, gehabt. Es liegt auf der Hand, dass ihnen nach dem Lesen hoffnungsvoller Prophezeiungen Bilder vorschwebten, die einem 1000-jährigen Friedensreich entsprechen könnten. Als später die Offenbarung geschrieben wurde und die Worte „…mit ihm herrschen die tausend Jahre“ (Offb 20,6) gelesen wurden, wurde mit Sicherheit in manchen Gemütern der Wunsch nach einem Paradies auf Erden wach. Mit diesem Artikel soll biblisch begründet werden, dass das 1000-jährige Reich schon vorüber und nicht noch in der Zukunft zu erwarten ist. Den Kern dieser Abfassung bildet die Auslegung der Bibelstelle Offb 20,1-7.

Über dieses Thema könnten Bücher geschrieben werden. Deshalb ist es unbedingt notwendig, einige Begriffe und Bibelstellen vorab zu erläutern, um den Abschnitt in Offb 20,1-7 richtig deuten zu können. Deshalb baut sich dieser Artikel Schritt für Schritt mit vorbereitenden Erklärungen auf, bis abschließend die genannte Kernbibelstelle ausgelegt wird. Im Folgenden wird der Aufbau dieses Artikels anhand der Überschriften dargestellt.

Das 1000-jahrige Reich wird von den meisten Auslegern eng mit dem Kommen Jesu verbunden. Deshalb muss zuerst festgestellt werden:

1.Unter welchen Umständen und auf welche Art wird Jesus wiederkommen?

 

Das Kapitel 2 dient der Vorbereitung auf die Auslegung im Kapitel 3. Um sich in den zahlreichen Bibelstellen, die angeblich auf das 1000-jahriges Reich hinweisen, zurechtzufinden, muss vorab eine grundlegende Erklärung gegeben werden.

2.1 Notwendige Voraussetzungen zur Deutung prophetischer Begriffe

 

Am Beispiel einer Prophezeiung aus dem Alten Testament soll erklärt werden, dass es sich um ein „geistliches“ Reich handelt.

2.2 Erklärung der wichtigsten Aspekte der Prophezeiung in Jesaja 65,17-25.

 

Es gibt viele Bibelstellen, die von einem angeblichen „Friedensreich“ auf Erden sprechen. Wir wollen uns aber auf die Aspekte, die mit dem „1000-jahriges Reich“ verbunden sind, konzentrieren. Es stellen sich folgende Fragen:

2.3 Warum müssen es genau 1000 Jahre sein?

 

Zur zeitlichen Einordnung ist es wichtig zu verstehen:

2.4 Was beinhaltet die „erste“ und „zweite“ Auferstehung?

 

In prophetischen Texten und in Offb 20,1-7 findet wir verschiedene Symbole. Dabei sollen zwei wichtige Symbole vorab erklärt werden.

2.5 Was bedeuten die Symbole „Drache“ und „Tier“

2.6 Was bedeutet das Symbol „Malzeichen“?

 

Die vorbereitenden Erklärungen führen uns nun zu der zentralen Auslegung:

  1. Auslegung der Offenbarung 20,1-7
  1. Schlusswort

 

Damit die Aufklärung nicht willkürlich zusammengestellt ist und eine solide Grundlage hat, müssen zwischendurch Gründe für eine bestimmte Erklärung erläutert werden. Die Aufklärung muss allerdings kompakt bleiben. Man ist gezwungen einen komprimierten Artikel zu schreiben, in dem oft nur die Prinzipien der Aufklärung dargestellt werden. Hinzu kommt, dass der Leser selbst mit einem gottgeweihten Leben, viel Gebet und viel Forschen in der Schrift das Umfeld zu diesen Themen erkundigen muss, um sich ein komplettes Bild zu diesem Thema machen zu können. Warum diese Voraussetzungen wichtig sind, ist im Artikel „Erkenntnis“ erklärt. Erst dann ist mit Gottes Hilfe ein klares Verständnis zu diesem Thema möglich.

Weil das 1000-jahriges Reich eine von Gott erschaffene Einrichtung ist, müssen die prinzipiellen Grundlagen eines geistlichen Reiches betrachtet werden. Dies allein könnte schon ein ganzes Buch füllen. Daher sei wiederum auf einen weiteren wichtigen Artikel verwiesen: „Das Reich Gottes in Propheten und Gleichnissen“.

1. Unter welchen Umständen und auf welche Art wird Jesus wiederkommen?

An einem gewöhnlichen Tag und unerwartet

Ebenso auch, wie es geschah in den Tagen Lots: Sie aßen, sie tranken, sie kauften, sie verkauften, sie pflanzten, sie bauten; an dem Tag aber, da Lot von Sodom hinausging, regnete es Feuer und Schwefel vom Himmel und brachte alle um. Ebenso wird es an dem Tag sein, da der Sohn des Menschen offenbart wird“ (Lk 17,28-30). „Es wird aber der Tag des Herrn kommen wie ein Dieb, an ihm werden die Himmel mit gewaltigem Geräusch vergehen, die Elemente aber werden im Brand aufgelöst und die Erde und die Werke auf ihr im Gericht erfunden werden“ (2 Petr 3,10). „…wie der Blitz ausfährt von Osten und bis nach Westen leuchtet, so wird die Ankunft des Sohnes des Menschen sein“ (Mt 24,27). Diese Bibelstellen zeigen unmissverständlich, dass der Herr unerwartet, an einem ganz gewöhnlichen Tag kommen wird. Es gibt nicht den geringsten Hinweis dafür, dass an dem Tag Seines Kommens ein Reich aufgebaut wird. Petrus sagt, dass die Erde „vergehen“ wird. Sein Kommen wird nicht heimlich, sondern für alle sichtbar sein: „Dieser Jesus, der von euch weg in den Himmel aufgenommen worden ist, wird so kommen, wie ihr ihn habt hingehen sehen in den Himmel“ (Apg 2,11).

Zunächst sei hier bemerkt, dass es sich nicht widerspricht, dass Jesus gleichzeitig zur Tag- und Nachtzeit wiederkommen wird. Da die Erde rund ist, gibt es zu jedem Zeitpunkt Tag und Nacht auf der Erde. Jesus sagt: „Ich sage euch: In dieser Nacht werden zwei in einem Bett sein; der eine wird genommen und der andere zurückgelassen werden. Zwei werden miteinander mahlen; die eine wird genommen, und die andere wird zurückgelassen werden. Zwei werden auf dem Feld sein; der eine wird genommen und der andere zurückgelassen werden“ (Lk 17,34-36). Mit den Worten „genommen“ und „zurückgelassen“ hat Jesus die sofortige Trennung der Gerechten von den Gottlosen dargestellt. Aber nicht alle Details Seiner Wiederkunft sind uns mitgeteilt. Ausgehend von anderen Bibelstellen kann aber eine Zeitspanne von 1000 Jahren zwischen der Auferstehung der Gerechten und Gottlosen nicht möglich sein.

Es findet keine getrennte Auferstehung für Gläubige und Gottlose statt

Zu gleicher Zeit – nicht zeitversetzt wie bei manchen Auslegungen – werden diejenige, die zu jener Zeit noch leben, verwandelt, um zusammen mit den Verstorbenen zum Gericht zu erscheinen: „Siehe, ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden zwar nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden, plötzlich, in einem Augenblick, zur Zeit der letzten Posaune; denn die Posaune wird erschallen, und die Toten werden auferweckt werden unverweslich, und wir werden verwandelt werden. Denn dieses Verwesliche muss Unverweslichkeit anziehen, und dieses Sterbliche muss Unsterblichkeit anziehen“ (1.Kor 15,51-53).

Es ist in der Bibel üblich, dass bei der Schilderung von Ereignissen nicht der ganze Katalog der Beteiligten aufgezählt wird, sondern nur die unmittelbar Betroffenen erwähnt werden. In Judas 6 zum Beispiel werden in Verbindung mit dem Gericht nicht alle Beteiligten, sondern nur die Engel  erwähnt: „Engel, die ihren Herrschaftsbereich nicht bewahrt, sondern ihre eigene Behausung verlassen haben, hat er zum Gericht des großen Tages mit ewigen Fesseln unter Finsternis verwahrt.“

In 1. Thess 4,13-18 tröstet Apostel Paulus die Gläubigen indem er zu ihnen von der Auferstehung spricht. Dabei erwähnt er nur die entschlafenen Gläubigen: „…die Toten in Christus werden zuerst auferstehen“. Auch an dieser Stelle werden die Gottlosen, die auch mit auferstehen oder verwandelt werden, einfach nicht erwähnt. (vgl. auch Mt 24,31). An einer anderen Stelle spricht Apostel Petrus nur von den Gottlosen: „Die jetzigen Himmel und die jetzige Erde aber sind durch dasselbe Wort aufbewahrt und für das Feuer aufgehoben zum Tag des Gerichts und des Verderbens der gottlosen Menschen“ (2.Petr 3,7). Jesu Worte bestätigen die Auferstehung aller Verstorbenen unmissverständlich: „Wundert euch darüber nicht, denn es kommt die Stunde, in der alle, die in den Gräbern sind, seine Stimme hören und hervorkommen werden; die das Gute getan haben zur Auferstehung des Lebens, die aber das Böse verübt haben zur Auferstehung des Gerichts“ (Joh 5,28.29;  vgl. auch Mt 13,41-43 und Mt 25,31.32). Die Bibel spricht deutlich von einer gleichzeitigen Auferstehung der Toten und der Verwandlung der Lebenden bei Jesu Kommen: „Denn dies sagen wir euch in einem Wort des Herrn, dass wir, die Lebenden, die übrig bleiben bis zur Ankunft des Herrn, den Entschlafenen keineswegs zuvorkommen werden. Denn der Herr selbst wird beim Befehlsruf, bei der Stimme eines Erzengels und bei dem Schall der Posaune Gottes herabkommen vom Himmel, und die Toten in Christus werden zuerst auferstehen; danach werden wir, die Lebenden, die übrig bleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden in Wolken dem Herrn entgegen in die Luft; und so werden wir allezeit beim Herrn sein“(1.Thess 4,15-17).

Jesus wird kein drittes Mal kommen

Hebr 9,28 „(…) so wird der Christus, nachdem er sich einmal zum Opfer dargebracht hat, um die Sünden vieler auf sich zu nehmen, zum zweitenmal denen erscheinen, die auf ihn warten, nicht wegen der Sünde, sondern zum Heil“ (Schlachter 2000). Hier und an keiner anderen Stelle in der Bibel ist von einem dritten Kommen Jesus die Rede. Auch nach Seiner Himmelfahrt haben die Engel nur auf ein einziges weiteres Wiederkommen hingewiesen: „Dieser Jesus, der von euch weg in den Himmel aufgenommen worden ist, wird so kommen, wie ihr ihn habt hingehen sehen in den Himmel“ (Apg 1,11).

Eine kurze Zusammenfassung über das Kommen Jesus:

  1. Bei Seinem Kommen werden „(…) alle, die in den Gräbern sind (…)“ auferstehen. (Joh 5,28).
  2. „Danach werden wir, die wir leben und übrig bleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden (…)“ (1. Thess 4,17; vgl auch 1.Kor 15,51-53.).
  3. Nach Jesu Kommen wird ein Gericht stattfinden (vgl. Joh 5,28.29; Mt 13,41-43; Mt 25,31.32).

Dem zufolge sollte nun klar sein, dass die Auferstehung für alle gleichzeitig stattfinden wird. Ein 1000-jahriges Reich zwischen zwei Auferstehungen oder in einem anderen Zeitraum vor dem Gericht ist damit zeitlich nicht möglich. Es gibt auch keinen Platz für ein drittes Kommen Jesu. Mit Seinem Kommen wird die Erde aufgelöst und das Endgericht wird stattfinden.

2. Erklärung der wichtigsten Begriffe

2.1 Grundlegendes zur Deutung prophetischer Begriffe

Prophetische Begriffe sind nicht buchstäblich zu deuten und beziehen sich auf das Unvergängliche

In vielen Auslegungen zum Thema 1000-jähriges Reich kann man feststellen, dass der Irrtum durch ein willkürliches Vermischen von Aussagen der Bibel entsteht. Dabei kann der Leser meist gar nicht nachvollziehen, dass die erwähnten Passagen aus dem Kontext herausgerissen sind und eigentlich einen ganz anderen Sinn oder andere Deutung haben müssten. Es braucht viel Zeit und Geduld jede einzelne Begründung selbst durchzulesen, um sich zu vergewissern, ob die zitierte Bibelstelle auch wirklich eine Bestätigung zur betreffenden Auslegung ist. Im Folgenden wird das grundlegende Prinzip der prophetischen Auslegung erläutert und zum Verständnis mit Beispielen untermauert.

Ein besonderes Merkmal der Bibel ist ihre oftmals bildhafte Sprache. Zum einen wird uns manches dadurch deutlicher und verständlicher; zum anderen aber kann es das Verständnis erheblich erschweren, wenn es sich um prophetische Bilder handelt, die es zu deuten gilt. Um die prophetischen Aussprüche verstehen zu können, muss der Bibelleser zunächst den Sprachgebrauch und den kulturellen Hintergrund jener Zeit in Betracht ziehen. So hat damals z.B. Joasch, der König von Israel, seine Leute zu Amazja, dem König von Juda, gesandt. Seine Botschaft hat er in solchen Vergleich gekleidet: „Der Dornstrauch auf dem Libanon sandte zu der Zeder auf dem Libanon und sagte: Gib meinem Sohn deine Tochter zur Frau! Da liefen die Tiere des Feldes, die auf dem Libanon leben, darüber und zertraten den Dornstrauch. Du sagst: Siehe, ich habe Edom geschlagen! Und darum erhebt sich dein Herz, noch mehr Ehre zu genießen. Bleib nun in deinem Haus! Wozu willst du dich mit dem Unglück einlassen? Damit du fällst, du und Juda mit dir?“ (2.Chr 25,18.19). Hier wollte Joasch die geringe Stellung des Amazja mit dem minderwertigen Strauch vergleichen, seine Stellung aber mit der Zeder. Das bildhafte Element in dem Vergleich muss also nicht in jeder Hinsicht dem eigentlichen Leitbild ähneln bzw. entsprechen. Es muss nur die wichtige Eigenschaft der Aussage widerspiegeln.

Die meisten Prophezeiungen und Gleichnisse in der Bibel behandeln vor allem das Wichtigste: Das Unvergängliche. Darum haben viele der erwähnten irdischen Einrichtungen oder Gegenstände nur symbolischen Charakter. In einigen wenigen Fällen erklärt Jesus selbst die Gleichnisse, wie z.B. das Gleichnis vom Acker: „(…) der Acker aber ist die Welt; der gute Same aber sind die Söhne des Reiches, das Unkraut aber sind die Söhne des Bösen“ (Mt 13,38). So auch in dem Gleichnis vom Sämann: „Der Sämann sät das Wort. Die an dem Weg aber sind die, bei denen das Wort gesät wird und, wenn sie es hören, sogleich der Satan kommt und das Wort wegnimmt, das in sie hineingesät worden ist“ (Mt 4,14.15). Die Sonne in Jesaja 30,26 soll „…siebenfach sein wie das Licht von sieben Tagen“. Würde sich das buchstäblich erfüllen, würde zuletzt, manchen abenteuerlichen Auslegungen zufolge, nur eine verkohlte Erde zurückbleiben. Man braucht sich nicht wundern, dass ein Versuch, die Vision Hesekiels in Kapitel 1 mit den vier Wesen und den Rädern graphisch darzustellen, zu einem bizarren Bild ausarten würde. Leider gibt es eine Menge Aufklärungen zur Bibel, die versuchen symbolische, geistliche Gegenstände buchstäblich zu erklären. Das führt zu einem Widerspruch mit anderen Aussagen der Bibel und oft zu ganz wirren Konstruktionen.

2.2 Erklärung der wichtigsten Aspekte der Prophezeiung in Jesaja 65, 17-25

Dieses „Friedensreich“ ist ein geistliches Reich, in welchem Gott in den Herzen der Menschen regieren will

Gern wird zur Darstellung des 1000-jahriges Reiches die Bibelstelle aus Jes 65,17-25 angeführt. In der Prophezeiung werden die 1000 Jahre nicht erwähnt, dafür gibt es aber bildhafte Vergleiche, die so manchen Träumer zur Phantasie animierte. Dabei muss dem Leser beim Betrachten dieses Abschnittes einiges auffallen, z.B.: Es kommt ein natürliches Aufblühen der Stadt Jerusalem zur Sprache, während ein übernatürliches Lebensalter vorausgesagt wird; Gott soll greifbar und zur Antwort bereitstehen und für ein Bild des friedlichen Zusammenlebens werden Tiere gewählt. Schon beim Überfliegen des Textes wird klar, dass keine buchstäbliche Erfüllung gemeint sein kann. Die Lebenserwartung wie bei einem Baum von mehreren hundert Jahren hätte der Bestimmung Gottes für den Menschen „(…) Seine Tage sollen 120 Jahre betragen“ (1.Mo 6,3) widersprechen. Für das Stroh fressen müsste der Löwe eine ganz andere Verdauung bekommen. Es soll im Folgenden keine Gegenüberstellung der verschiedenen Interpretationen vorgenommen werden, sondern gleich die Deutung der Prophezeiung betrachtet werden.

            Jes. 65, Vers 17. Gleich am Anfang lesen wir die Worte „(…) ich schaffe einen neuen Himmel und eine neue Erde“. Machen wir uns auf die Suche nach dem Ausdruck „Himmel und Erde“ in der Bibel. Wir stoßen auf die Stelle in 2.Petr 3,13: „Wir erwarten aber nach seiner Verheißung neue Himmel und eine neue Erde, in denen Gerechtigkeit wohnt.“ Die vorhergehenden Verse 6 und 7 im Petrus Brief belegen eindeutig, dass hier der substanzielle Himmel und die sichtbare Erde gemeint sind. Er sagte: „…dennoch wurde damals die Welt dadurch in der Sintflut vernichtet. So werden auch der Himmel, der jetzt ist, und die Erde durch dasselbe Wort aufgespart für das Feuer…“ (V. 6.7). Im Vers 12 heißt es, dass sie mit „gewaltigem Geräusch vergehen“ und „im Brand aufgelöst“ werden. Warum sind nur der Himmel und die Erde erwähnt und nicht z.B. auch die Menschen und Tiere? Weil es mit nur diesen zwei Wörtern möglich ist, unseren gesamten Lebensraum zu bezeichnen, die unser Dasein prägen. Sie sind die größten, wichtigsten und immer sichtbaren Elemente in der Umgebung des Menschen. Auf der Erde bewegen wir uns, wir bearbeiten, bepflanzen und bebauen sie. Vom Himmel her scheint uns das Licht zur Orientierung, in der Atmosphäre befindet sich der lebenswichtige Sauerstoff, und auch das Wetter wird vom Himmel her bestimmt.

Die geistliche Umgebung wird auch mit „Himmel und Erde“ verglichen. Der im Himmel wohnende Gott gibt uns Sein Wort, welches uns, wie das natürliche Licht, in unsrem geistlichen Leben eine Orientierung gibt. So wie wir uns auf der Erde bewegen, wandeln wir auch im geistlichen Gebiet; wir säen und ernten geistliche Früchte.

Was hat es aber nun mit dem „neuen“ Himmel und der „neuen“ Erde auf sich, welche hier in Jesaja angekündigt sind? Wir bleiben auf der geistlichen Ebene: Es ist der „neuer Bund“, den Gott mit den Menschen schließen will. Mit dem Kommen Jesu Christi und mit der Offenbarung der Liebe Gottes durch ihn hat Gott uns einen „neuen Himmel“ gegeben. Wir haben neue Vorgaben von oben bekommen. Das Gesetz Mose ist erfüllt und hat keine Gültigkeit mehr. Wir brauchen keine Schlachtopfer mehr darzubringen – diese waren nur ein Schatten des zukünftigen, wahrhaftigen Opfers (vgl. Kol 2,16.17; Hebr 10,1), nämlich Jesus, der sich selber geopfert hat (vgl. Hebr 7,27). Dieser „neue Himmel“ hat jetzt einen ewigen Hohepriester (vgl. Hebr 7,18-24). Durch die neuen Gesetze, die Jesus gebracht hat, sind wir auf eine neue Grundlage gestellt, welche unser Handeln bestimmt (vgl. Mt 6,21-48) – wir leben somit auf einer „neuen Erde“. Im Neuen Bund können wir bessere geistliche Werke säen und bessere geistliche Früchte genießen. Uns sind neue Ausgangspunkte gegeben, vor allem: Einen freier Zugang in das Allerheilige (vgl. Mt 27,51; Eph 2,18.19; Hebr 10,19.20); eine Möglichkeit, mit dem Heiligen Geist getauft zu werden (vgl. Joh 16,7; Apg 2,4; Apg 10,44); eine Möglichkeit, Kraft zu bekommen, um ohne Sünde leben zu können (vgl. Röm 6,18; 1 Joh 2,1.2); eine engere Gemeinschaft mit Gott (vgl. Joh 4,21-23); eine geistliche Ruhe (Hebr 4,3-11). Die Ankündigung in Jes 65,17-25, dass ein „neuer Himmel“ und eine „neue Erde“ geschaffen wird, ist demnach eindeutig eine Prophezeiung auf die Gnadenzeit im Neuen Bund.

An dieser Stelle ist es wichtig, eine Verbindung zwischen Jes 65,17-25 und der Offenbarung Kap. 21,1 bis Kap. 22,5 herzustellen. Hier wird uns ein ähnliches Bild von der Schönheit der Gemeinde des Neuen Bundes gegeben. „Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, und das Meer ist nicht mehr. Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabkommen, bereitet wie eine geschmückte Braut für ihren Mann“ (Off 21,1.2). Auch hier werden die neuen Verhältnisse im geistlichen Leben mit einem „neuem Himmel“ und einer „neuen Erde“ verglichen. Vgl. auch Bibelstellen zu den Stichwörtern „Kindschaft“ und „Erbrecht“ (Gal 4,22-31; Joh 15,15; Röm 8,17). Die auserwählte Schar der Gläubigen sollte jetzt vorbereitet und rein sein „wie eine geschmückte Braut für ihren Mann“. Auch Apostel Paulus wollte den Gläubigen in Korinth zu dieser Reinheit verhelfen: „…denn ich habe euch einem Mann verlobt, um euch als eine keusche Jungfrau vor den Christus hinzustellen“ (2.Kor 11,2). Wir kommen nun zu der Betrachtung von Jes 65 zurück.

In Jes 65,17 sagt Jesaja: „(…) an das Frühere wird man nicht mehr denken“. Das „Frühere“ ist die Zeit des Alten Bundes. Dass man an diese Zeit nicht mehr denkt, meint, dass der Dienst im Neuen Bund, mit all seinen Freuden, den im Alten weit übertrifft. Darum spricht der Verfasser des Hebräerbriefes im Kapitel 8,6 von einem „besseren Bund“:“ … der aufgrund besserer Verheißungen gestiftet worden ist“. Im Neuen Bund haben wir eine „bessere Hoffnung“ (vgl. Hebr 7,19), haben ein „besseres Schlachtopfer“ (vgl. Hebr 9,23) und haben einen „besseren und bleibenden Besitz“ (vgl. Hebr 10,34).

In Jes 65,18.19 steht geschrieben: „(…) ich schaffe Jerusalem zum Frohlocken und sein Volk zur Freude.“ Diese Freude hat Jesus den Menschen gebracht. Er hat sie aus der Knechtschaft der Sünde befreit! Wir erinnern uns, wie die Hirten von den Engeln, zur Zeit der Geburt Jesu, mit einer freudigen Nachricht überrascht wurden: „...siehe, ich verkündige euch große Freude, die für das ganze Volk sein wird“ (Lk 2,10). Dies war die erste Nachricht, die die Menschen nach der Geburt Jesu über sein Kommen erfuhren! Den Grund dieser Freude hat Maria schon vor Seiner Geburt von dem Engel erfahren: „…und du sollst seinen Namen Jesus nennen, denn er wird sein Volk retten von seinen Sünden“ (Mt 1,21). Aber welchen Unterschied gibt es zum Alten Bund, in welchem den Menschen die Sünden auch vergeben wurden? Über die Sündenvergebung im Alten Bund heißt es, dass „Gaben als auch Schlachtopfer dargebracht werden, die im Gewissen den nicht vollkommen machen können, der den Gottesdienst ausübt“ (Hebr 9,9). Die Opfer, die den Israeliten darzubringen verordnet waren, dienten als Bild, welches auf das zukünftige Opfer Jesu hinwies – konnte aber von Sünden nicht vollkommen frei machen. Ihnen wurden die Sünden durch das Opfern vergeben, doch sie waren nicht in der Lage, Versuchungen stand zu halten und sündigten wieder. Darum war ein jährliches Opfern nötig, bei welchem der Hohepriester durch die Schlachtungen seine eigene Sündenvergebung und die des Volkes erwirkte. Jesus hat uns aber „eine ewige Erlösung erworben“ (Hebr 9,12). Jetzt können wir endlich mit einem guten Gewissen leben, weil uns die Kraft gegeben ist, ohne Sünde zu leben! Gott sei Dank für dieses Evangelium, welches bedeutet „Frohe Botschaft“! Jetzt werden wir nicht geistlich wiedergeboren, um danach wieder zu sündigen und damit geistlich zu sterben. Das hat Jesaja bildlich so ausgedrückt: „Und es wird dort keinen Säugling mehr geben, der nur wenige Tage alt wird, und keinen Greis, der seine Tage nicht erfüllte (…) Denn wie die Lebenszeit des Baumes wird die Lebenszeit meines Volkes sein“ (Jes 65,20.21).

Gott hat schon durch Mose den Israeliten geboten: „Wenn ihr in meinen Ordnungen lebt und meine Gebote haltet und sie tut, dann werde ich euch die Regengüsse geben zu ihrer Zeit, und das Land wird seinen Ertrag geben, und die Bäume des Feldes werden ihre Frucht geben. Und die Dreschzeit wird bei euch bis zur Weinlese reichen, und die Weinlese wird bis zur Saatzeit reichen. Und ihr werdet euer Brot essen bis zur Sättigung und werdet sicher in eurem Land wohnen.“ (3.Mo 26,3-5). Diejenigen, welche im Neuen Bund die Gebote Gottes halten, können nach den Worten Jesajas auch geistliche „Häuser bauen und bewohnen, und Weinberge pflanzen und ihre Frucht essen“ (Jes 65,21).

Gott hat uns durch die Erlösung ein neues Herz geschenkt und seine Gebote in „unser Inneres“ gelegt, hat sie in unseren „Sinn“ und unsere „Herzen geschrieben“. (vgl. Hebr 8,8-12; Jer 31,31-34). Genauso werden auch unser Charakter und unser Verhalten verändert. Aus Menschen, die aggressiv und hartherzig waren – verglichen mit einem „Wolf“ oder „Löwen“ – werden zahme und liebevolle Christen – gleich Lämmern. Besonders dadurch hat sich in der Vergangenheit und der Gegenwart die wirksame Kraft Gottes durch viele Zeugnisse sichtbar offenbart. Ehemalige Verbrecher, die Furcht und Schrecken in ihrer Umgebung verbreiteten, wurden zu Schafen des guten Hirten Jesu umgewandelt. Ein Beispiel davon ist Nicky Cruz. In seiner Kindheit von der Mutter verstoßen, wurde er in New York der Anführer einer Bande von 205 Jungs und 175 Mädchen. Weil er so von Hass und Bitterkeit erfüllt war, gab ihn sein Psychiater als hoffnungslosen Fall auf. Doch Jesus hat ihn gerufen und zu Sich gezogen und hat aus ihm einen völlig neuen Menschen gemacht! (vgl. http://www.praxis-jugendarbeit.de/andachten-themen/nicky-cruz.html). So vollkommen im Charakter und Sinn verändert und erneuert, leben die Kinder Gottes in Liebe, Frieden und Einigkeit beieinander. Diesen Zustand beschreibt Jesaja im V.25: „Wolf und Lamm (…) zusammen weiden; und der Löwe wird Stroh fressen wie das Rind; und die Schlange: Staub wird ihre Nahrung sein. Man wird nichts Böses und nichts Schlechtes tun auf meinem ganzen heiligen Berg, spricht der HERR“ (Jes 65,25; vgl. auch Jes 11,6-9).

Aufgrund dieser Beispiele sehen wir, wie abwegig die Vorstellungen in manchen Auslegungen von einem zukünftigen, irdischen 1000-jährigen Reich sind.

2.3. Müssen es genau 1000 Jahre sein?

Im Zusammenhang mit dem Thema des tausendjährigen Reiches ist die Zahl in den betreffenden Bibelstellen eine symbolische und drückt damit einen sehr langen Zeitraum aus.

Es gibt in der ganzen Bibel nur vier Bibelstellen, die den Ausdruck „tausend Jahre“ beinhalten. In Ps 90,4: Denn tausend Jahre sind in deinen Augen wie der gestrige Tag, wenn er vergangen ist, und wie eine Wache in der Nacht.“ In Pred 6,6: „Und wenn er auch zweimal tausend Jahre gelebt, aber Gutes nicht gesehen hätte, – geht nicht alles an einen Ort?“ Sowie in 2.Petr 3,8:Dies eine aber sei euch nicht verborgen, Geliebte, dass beim Herrn ein Tag ist wie tausend Jahre und tausend Jahre wie ein Tag.“ In diesen Bibelstellen wird die Relativität der Zeit betont. Die Verbindung zum Reich Gottes ist hier mit keiner Silbe ausgedrückt. Nur in Off 20,2-7 kommt dies zur Sprache – dazu aber später.

Die Zahl „1000“ kommt in der Bibel mehrere Male vor. In einigen Fällen wird damit die exakte Menge festgesetzt. Zwei Beispiele wollen wir hier anführen. In 2.Mo 18,25: „So wählte Mose denn aus ganz Israel tüchtige Männer aus und machte sie zu Oberhäuptern über das Volk: Oberste von Tausend, Oberste von Hundert, Oberste von Fünfzig und Oberste von Zehn.“ In 2.Kön 15,19 …Und Menahem gab Pul tausend Talente Silber, damit dessen Hände mit ihm sein sollten, das Königtum in seiner Hand zu befestigen.“ In anderen Beispielen kann man sehen, dass die Zahl nur symbolisch für eine sehr große Menge gebraucht wird. Siehe 5.Mo 1,11: „Der HERR, der Gott eurer Väter, füge zu euch noch tausendmal so viel, wie ihr seid, hinzu und segne euch, wie er zu euch geredet hat!“ 1.Chr 12,15: „Diese Männer von den Söhnen Gad waren Oberhäupter des Heeres, und zwar jeder; der Kleinste konnte es mit hundert und der Größte mit tausend aufnehmen.“ Jes 60,22: „Der Kleinste wird zu Tausend werden und der Geringste zu einer gewaltigen Nation.“ Aus diesen Beispielen ist ersichtlich, dass die Zahl „1000“ in Off 20,2-7 auch eine sehr lange Zeitspanne darstellen kann und nicht zwangsläufig wörtlich zu nehmen ist.

2.4 Was bedeutet die „erste“ und zweite“ Auferstehung?

Die „erste“ Auferstehung ist die Wiedergeburt, eine geistliche Auferstehung zum Leben und Frieden mit Gott. Die „zweite“ ist verbunden mit dem Kommen Jesus zum Gericht.

Unter dem Wort „Auferstehung“ verstehen wir das Wiedererwachen eines Toten zum Leben. Die Auferstehung aus den Toten ist für Christen eine der wichtigsten Grundlagen des Glaubens. Ohne sie würde ihr Glaube wertlos sein. Paulus spricht davon in 1.Kor 15,12-53: „(…) wenn die Toten nicht auferstehen, so ist Christus auch nicht auferstanden. Ist Christus aber nicht auferstanden, so ist euer Glaube nichtig, so seid ihr noch in euren Sünden; so sind auch die, die in Christus entschlafen sind, verloren. Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendsten unter allen Menschen.“ (Hier nur die Verse 16-19). An dieser Stelle ist eindeutig die Auferstehung nach unserem körperlichen Tod gemeint.

In Joh 3,3-5 spricht Jesus auch von einer geistlichen Auferstehung, der Wiedergeburt. Lasst uns Seine nächtliche Unterredung mit Nikodemus betrachten: „Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht von neuem geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen. Nikodemus spricht zu ihm: Wie kann ein Mensch geboren werden, wenn er alt ist? Kann er etwa zum zweiten Mal in den Leib seiner Mutter hineingehen und geboren werden? Jesus antwortete: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht in das Reich Gottes hineingehen.“ Hier erklärt Jesus, dass nur diejenigen das Reich Gottes sehen (d.h. verstehen) und in das Reich hineingehen (d.h. aufgenommen werden) können, welche aus Geist und Wasser geboren sind. Dieses geschieht durch das Wirken des Heiligen Geistes und das Wort Gottes. Auch Paulus spricht von dieser geistlichen Auferstehung in Kol 2,13: „(…) Und euch, die ihr tot wart in den Vergehungen und in dem Unbeschnittensein eures Fleisches, hat er mit lebendig gemacht mit ihm, indem er uns alle Vergehungen vergeben hat.Wenn unsere Verbindung und Gemeinschaft mit Gott abreist, sind wir geistlich tot. Wenn wir von der Quelle des Guten abgeschnitten sind, ist nichts Gutes mehr in uns. Gott sagte zu Adam und Eva: „(…) denn an dem Tag, da du davon isst, musst du sterben!“ (1.Mo 2,17). Uns ist bekannt, dass Adam und Eva an dem Tag, an dem sie gesündigt hatten, nicht körperlich starben, sondern die Gemeinschaft mit Gott verloren haben – sie sind geistlich gestorben. In 1.Tim 5,5.6 bezeichnet Paulus die Witwen, die in Üppigkeit leben, dass sie „lebendig tot“ sind und meint damit ihren geistlich toten Zustand. Treffend spricht er auch in 1.Kor 15,21.22: „(…) denn da ja durch einen Menschen der Tod kam, so auch durch einen Menschen die Auferstehung der Toten. Denn wie in Adam alle sterben, so werden auch in Christus alle lebendig gemacht werden.“ Wer durch Christi Blut mit Gott wieder versöhnt ist, dessen Geist ist „lebendig“ geworden.

Unsere Erlösung muss noch zu Lebzeiten geschehen, daher wird sie auch als die „Erste Auferstehung“ oder „Wiedergeburt“ bezeichnet. (1.Petr 1,3.23; Tit 3,5) Nur wer hier im Leben den Frieden mit Gott gefunden hat, kann sich nach dem leiblichen Tod der Aufnahme in den Himmel freuen. Darum auch die Aussage in Off 20,6: „Glückselig und heilig, wer teilhat an der ersten Auferstehung! Über diese hat der zweite Tod keine Macht, sondern sie werden Priester Gottes und des Christus sein und mit ihm herrschen die tausend Jahre.“

2.5. Was bedeuten die Symbole „Drache“ und „Tier“?

Das Bild eines Drachen und eines Tieres in der Offenbarung steht für eine auf der Erde aufgebaute religiöse Form der Verführung durch den Teufel

Im Folgenden sollen Symbole gesondert und ausführlicher erklärt werden, weil sie zum Verständnis des Textes in Off 20,1-7 von Bedeutung sind. Wie schon im Kapitel „Prophetische Begriffe“ erklärt, spricht die Bibel meist von unvergänglichen Dingen. Alle Handlungen, die mit dem Wort „Tier“ verbunden sind, haben einen geistlichen Bezug. Zum Beispiel können geistliche Strukturen und Körperschaften allgemein mit einem lebendigen Körper dargestellt werden, weil sie gewisse Eigenschaften des Körpers wie Gesundheit, Stärke und Weisheit aufweisen können. Dies können wir deutlich an den Vergleichen des Apostel Paulus sehen, welche er in Bezug auf die Gemeinde Gottes zog. In Röm 12,4.5 bezeichnet er die Gläubigen als einen „Leib“: „Denn wie wir in einem Leib viele Glieder haben, aber die Glieder nicht alle dieselbe Tätigkeit haben, so sind wir, die vielen, ein Leib in Christus, einzeln aber Glieder voneinander.“ An einer anderen Stelle bezeichnet er Christus als das „Haupt“, um seine Führereigenschaft auszudrücken (vgl. Eph 4,15.16). In 1.Kor 12,13-17 wird der Leib etwas differenzierter beschrieben: „Denn wir sind durch „einen“ Geist alle zu „einem“ Leib getauft, wir seien Juden oder Griechen, Sklaven oder Freie, und sind alle mit „einem“ Geist getränkt. Denn auch der Leib ist nicht „ein“ Glied, sondern viele. Wenn aber der Fuß spräche: Ich bin keine Hand, darum bin ich nicht Glied des Leibes, sollte er deshalb nicht Glied des Leibes sein? Und wenn das Ohr spräche: Ich bin kein Auge, darum bin ich nicht Glied des Leibes, sollte es deshalb nicht Glied des Leibes sein? Wenn der ganze Leib Auge wäre, wo bliebe das Gehör? Wenn er ganz Gehör wäre, wo bliebe der Geruch?“ Gläubige mit verschiedenen Begabungen unter der Leitung ihres Herrn Jesus können sogar wie in einem Leib füreinander Empfindungen haben: „Und wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit; oder wenn ein Glied verherrlicht wird, so freuen sich alle Glieder mit“ (1.Kor 12,26).

Auch Körperschaften, die nicht mit dem Haupt, Christus, verbunden sind, werden symbolisch als lebendige Wesen dargestellt. Bilder von einem Löwe, einem Bär und einem Leopard finden wir in Dan 7. Oft bezeichnen die Wesenseigenschaften symbolisch gewählter Tiere die Charaktereigenschaften von Personen oder Körperschaften. Somit werden Tiere, die von Natur aus Raubtiere sind, als ein Bild für kriegerische Staatsmächte eingesetzt, die z.B. Eroberungsfeldzüge geführt haben. Ein schnelles Tier stellt ein Reich dar, dessen Streitkräfte sehr mobil waren. Das Buch Daniel liefert uns nicht nur symbolhafte Tierbilder, sondern gleich auch die Auslegung dazu. So lesen wir in Dan 7,17: „Diese großen Tiere – es sind vier – bedeuten: vier Könige werden sich von der Erde her erheben.“ Nicht nur einzelne Könige können symbolisch dargestellt werden, sondern auch Königreiche, die über mehrere Generationen Bestand hatten. So wird z.B  in Dan 8,20.21 erklärt: „Der Widder mit den beiden Hörnern, den du gesehen hast, bedeutet die Könige von Medien und Persien. Der Ziegenbock aber ist der König von Griechenland. Das große Horn zwischen seinen Augen ist der erste König.“

In dem Buch der Offenbarung begegnen wir mehreren Szenen, in denen der Drache vorkommt. Im Kapitel 12,7 wird gesagt, dass der Drache „kämpfte“. Im Kap. 13,2 wird berichtet, dass er dem Tier „seine Kraft und seinen Thron und große Macht“ gab und im Vers 4, dass er angebetet wurde. Im Kap. 12,9 heißt es: „(…) wurde geworfen der große Drache, die alte Schlange, der Teufel und Satan genannt wird, der den ganzen Erdkreis verführt.“ (Vgl. auch Kap. 20,2). Die letzte zwei Bibelstellen zeigen uns direkt, dass hinter den vier Bezeichnungen die gleiche Person steht. Das Symbol des Drachen stellt keinen Leib dar, der auf die Gemeinde Jesu Bezug hätte; auch kein konkretes Tier, welches in der Bibel auf ein Königtum oder eine Herrschaftsform hindeute. Das bizarre Wesen ohne Zugehörigkeit zu einer bestimmten Tierart kann nur ein religiöses System sein, welches Satan für seinen Betrug gebraucht. Die heidnisch-esoterische Religionen mit ihrem Götzendienst, ihrer Geisterverehrung, ihrer Weltanschauung sind hier sehr passend durch einen furchterregenden Drachen dargestellt. Diesen Zusammenhang kann man besonders bei Schamanen und Zauberern sehen. Bei ihnen gehören Totenköpfe, Zähne, Masken und andere schreckenerregende Gegenstände zum Attribut. Bei vielen okkulten Zeremonien wird auch das Feuer gebraucht. Dass sogar die Opfer, die den Götzen dargebracht werden, ein teuflischer Dienst ist, wird im Korintherbrief von Paulus erklärt: „Was sage ich nun? Dass das einem Götzen Geopferte etwas sei? Oder dass ein Götzenbild etwas sei? Nein, sondern dass das, was sie opfern, sie den Dämonen opfern und nicht Gott“ (1.Kor 10,19.20). Somit ist die teuflische Verführung in der Form der heidnischen Religionen treffend mit einem Drache dargestellt.

Im Kap. 13,2 steht geschrieben, dass der Drache dem Tier „seine Kraft und seinen Thron und große Macht“ gab. Dieses weist auf einen Wechsel der Form dar. Der Urheber der Verführung bleibt der gleiche – er ändert nur seine Vorgehensweise. Als mit der Verbreitung des Christentums die Menschen nicht mehr an die Götzen glaubten, hat der Teufel eine andere Strategie aufgebaut. Der Zeitperiode, in der der Teufel, im Bild des Drachen, die Christen verfolgte und tötete (vgl. Christenverfolgung im römischen Reich), folgte eine Zeitperiode des Tieres – des Katholizismus. Die Ablenkung von dem wahren Gott und dem echten Gottesdienst wird nicht mehr durch die Anbetung der Götzen, sondern durch die vom Teufel inspirierter Anbetung der Heiligen und durch andere bibelfremde Dienste in der katholischen Kirche erreicht. Die ausführliche Erklärung, warum der Drache in Off 20 für 1000 Jahre „gebunden“ wurde, wird im Kapitel 3 „Auslegung der Bibelstelle Off 20,1-7“ dargelegt.

2.6 Was bedeutet das Symbol „Malzeichen“?

Das Malzeichen ist ein Symbol für das Handeln, die Gesinnung und die Zugehörigkeit.

Das Wort „Malzeichen“ wird in mehreren Bibelübersetzungen mit „Zeichen“ wiedergegeben. Es handelt sich um ein Kennzeichen oder eine Prägung, die als ein Erinnerungszeichen oder ein Merkmal zur Unterscheidung dienen soll. Wir wollen drei Auszüge aus dem Alten Bund zitieren, die den Zweck dieses Merkmals zeigen. Im 2.Mo 13,9: „Und es soll dir wie ein Zeichen sein in deiner Hand und ein Erinnerungszeichen vor deinen Augen, damit das Gesetz des Herrn in deinem Mund sei, weil der Herr dich mit mächtiger Hand aus Ägypten herausgeführt hat.“ 5.Mo 11,18: „Und ihr sollt diese meine Worte auf euer Herz und auf eure Seele legen und sie als Zeichen auf eure Hand binden, und sie sollen als Merkzeichen zwischen euren Augen sein.“ (Vgl. auch 5. Mo 6,1.8). Warum soll das Zeichen auf der Hand und zwischen den Augen sein? Auch hier wenden wir uns zu den biblischen Aussagen und werden fündig in Ps 21,9: „Deine Hand wird alle deine Feinde finden, deine Rechte wird finden deine Hasser.“ Und in 2.Mo 15,6: „Deine Rechte, HERR, ist herrlich in Kraft; deine Rechte, HERR, zerschmettert den Feind.“ Die Hände dienen zur Ausführung einer Tat – ein Symbol für praktisches Handeln und Tun. Dabei ist die rechte Hand meistens die entscheidende, sie ist ein Symbol für die Stärke. Die Stirn ist ein Symbol für die Gedanken, das Denken und die Gesinnung: „Und stelle aus reinem Gold ein blumenförmiges Stirnblatt her und graviere darauf mit Siegelgravur ein: „Heiligkeit dem HERRN!“ Das hänge an eine Schnur aus violettem Purpur, so dass es sich am Kopfbund befindet! An der Vorderseite des Kopfbundes soll es sein. So sei es auf der Stirn Aarons (…)“ (2.Mo 28,36-38). In Hes 3,7 lesen wir: „Aber das Haus Israel wird nicht auf dich hören wollen, denn sie wollen nicht auf mich hören. Denn das ganze Haus Israel hat eine harte Stirn und ein verstocktes Herz.“

Als Gott das Volk Israel vor der Strafe bewahren wollte, die über ganz Ägypten kommen sollte, gebot Er ihnen: „…das Blut soll für euch zum Zeichen an den Häusern werden, in denen ihr seid. Und wenn ich das Blut sehe, dann werde ich an euch vorübergehen (…)“ (2.Mo 12,13). Das Blut war wie eine „Markierung“, ein Zeichen zur Unterscheidung für den Engel, der alle Erstgeburt töten sollte. Ebenso wollte Gott eine „Erkennungsmarke“ auf die Stirn der Männer zeichnen, die nicht den Götzendienst billigen und „anders denken“: „(…) und der HERR sprach zu ihm: Geh mitten durch die Stadt, mitten durch Jerusalem, und zeichne ein Kennzeichen an die Stirnen der Männer, die seufzen und stöhnen über all die Gräuel, die in ihrer Mitte geschehen!“ (Hes 9,4). Den gleichen Vorgang finden wir in Off 7,3: „(…) und er sprach: Schädigt die Erde nicht, noch das Meer noch die Bäume, bis wir die Knechte unseres Gottes an ihren Stirnen versiegelt haben!“ (Vgl. auch Offb 14,1.5). Somit ist das Malzeichen ein Symbol für das Handeln, die Gesinnung und die Zugehörigkeit.

3. Auslegung der Bibelverse Off 20,1-7

Nun wenden wir uns dem Kerntext dieser Ausarbeitung zu. Die vorangegangenen Kapitel führen uns nun zum besseren Verständnis über die Deutung der „tausend Jahre“ und die dazugehörigen Symbole, von welchen die Vorstellung eines „1000-jährigen Reiches“ entsprungen ist.

Im vorhergehenden Kapitel, in Off 19,20, wurde die letzte Vision mit den Worten „in den feurigen Pfuhl geworfen“ abgeschlossen. Da dieses Ereignis mit der Ewigkeit endet und demnach nichts mehr folgen kann, bleibt nur die Annahme, dass diese Vision abgeschlossen ist und eine neue beginnen muss. Wir können hier nicht von einer chronologischen Abfolge ausgehen. Die aufeinander folgenden Visionen sind zeitlich und räumlich unabhängig voneinander zu betrachten. Das sich nach dem „feurigen Pfuhl“ prophetisch nichts mehr ereignen wird, bestätigen die Visionen in Off 20,10.14.

Off 20,1.2Und ich sah einen Engel aus dem Himmel herabkommen, der den Schlüssel des Abgrundes und eine große Kette in seiner Hand hatte. Und er griff den Drachen, die alte Schlange, die der Teufel und der Satan ist; und er band ihn tausend Jahre.“

Mit dem ersten Vers in Off 20 wird nun durch die Erscheinung eines Engels eine neue Szene eingeleitet: „Und ich sah einen Engel aus dem Himmel herabkommen…“. Dieser Engel hat Macht über die finsteren Mächte: „(…) der den Schlüssel des Abgrundes und eine große Kette in seiner Hand hatte.“ Weiter lesen wir: „Und er griff den Drachen, die alte Schlange, die der Teufel und der Satan ist (…)“ (Vers 1.2). Der Vers sagt schon aus, dass der Drache, die Schlange, der Teufel und der Satan die gleiche Person ist. Die unterschiedlichen Namen drücken nur seine verschiedenartigen Charaktereigenschaften aus. Die Bezeichnung „Teufel“ wird aus dem Griechischen übersetzt mit: „Verwirrer, Faktenverdreher, Verleumder“. „Satan“ wird aus dem hebräischen übersetzt und bedeutet „Ankläger“. Der Ausdruck „die alte Schlange“ erinnert uns an die listige Schlange, die Adam und Eva zum Sündenfall verführt hatte. Wir lesen, dass der Engel den „Drachen“ ergriff und ihn band. Es heißt nicht, dass er die „Schlange“, den „Teufel“ oder den „Satan“ ergriffen und gebunden hat. Dies deutet darauf hin, dass diese Verführung, die zur Zeit der römischen Antike durch die heidnische Religionen vom Teufel ausgeübt wurde – vereinfacht gesagt – nun für 1000 Jahre unterbunden wurden. Dies bestätigt uns der historische Kontext: Heidnische Anbetung von Göttern, wie sie auch die Römer und Griechen ausübten, wurde mit der Ausbreitung des Christentums verdrängt und unter dem späteren Katholizismus ganz verboten. Der Katholizismus blühte auf, gewann mehr und mehr Macht, bis durch seinen Einfluss die praktizierende heidnisch – esoterische Kultur vollständig unterdrückt wurde. Wie diese esoterische Verführung gebunden wurde, finden wir anschaulich in Apg 8,9-11 beschrieben: „Es war aber ein Mann mit Namen Simon, der zuvor in der Stadt Zauberei trieb und das Volk von Samaria in seinen Bann zog, weil er vorgab, er wäre etwas Großes. Und alle hingen ihm an, Klein und Groß, und sprachen: Dieser ist die Kraft Gottes, die die Große genannt wird. Sie hingen ihm aber an, weil er sie lange Zeit mit seiner Zauberei in seinen Bann gezogen hatte.“ Aber das Evangelium siegte über die heidnischen, okkulten Mächte: „Als sie aber dem Philippus glaubten, der das Evangelium vom Reich Gottes und dem Namen Jesu Christi verkündigte, ließen sie sich taufen, sowohl Männer als auch Frauen“ (Apg 8,12).

Es mag die Frage aufkommen, warum die hier angeführte Ereignisse so dargestellt werden, als ob sie den ganzen Erdkreis betreffen? Die anderen Ländern in Asien, Afrika und Amerika hatten doch ihre eigene Entwicklung? Die Antwort finden wir gleich im ersten Vers der Offenbarung: „Offenbarung Jesu Christi, die Gott ihm gab, um seinen Knechten zu zeigen, was bald geschehen muss (…)“ (Off 1,1). Da den Knechten Jesu zu jener Zeit die fernen Länder ganz unbekannt waren, wurden in der Offenbarung nur die Ereignisse in ihrem Teil der Erde erwähnt. Außerdem können sich die Ereignisse nur auf den Raum beziehen, in dem das Christentum bereits Verbreitung gefunden hat.

Off 20,3 „(…) und warf ihn in den Abgrund und schloss zu und versiegelte über ihm, damit er nicht mehr die Nationen verführe, bis die tausend Jahre vollendet sind. Nach diesem muss er für kurze Zeit losgelassen werden.“

Die Bedeutung der Zahl 1000 wurde schon im vorhergehenden Kapitel betrachtet und hat hier einen symbolischen Wert. Die „Entmachtung“ und „Bindung“ des Drachens geschah nicht an einem Tag oder in einem Jahr, sondern hat sich zeitlich in unterschiedlichen Ländern ungleich gestaltet. In dem Maße, in dem sich die christliche Vorherrschaft festigte, in dem Maße drängte sie die Verführung durch das Heidentum zurück. Wie können wir diese Ereignisse geschichtlich einordnen? Folgende historische Ereignisse können als wichtige Eckdaten angenommen werden.

Geschichtlicher Hintergrund zum Binden des Drarchens

  • Im Jahr 270 wird von Antonius der Mönchtum-Dienst gegründet, welches im späteren Katholizismus einen manifesten Stellenwert erhielt; Kloster wurden vielerorts gegründet, wodurch sich die katholische Lehre weiter verbreitete. Dennoch hat dieses Ereignis den Drachen nur “geschwächt“, aber nicht „gebunden“.
  • Als Konstantinische Wende wird die religiöse Entwicklung bezeichnet, die durch die von den römischen Kaisern Konstantin I. und (auf Konstantins Einwirken hin) Licinius im Jahr 313 erlassene Mailänder Vereinbarung (sachlich unkorrekt oft als Toleranzedikt bezeichnet) eingeleitet wurde. In deren Verlauf gewann das Christentum an Einfluss im Römischen Reich und wurde schließlich im Jahr 380 zur Staatsreligion erhoben. (Quelle: http://de.academic.ru/dic.nsf/dewiki/789618)
  • Ebenso ist die Mailänder Vereinbarung nicht die Folge einer plötzlichen Bekehrung eines einzelnen Kaisers, sondern die Bestätigung und Ausweitung des Toleranzedikts, das Kaiser Galerius im Jahr 311 auf seinem Sterbebett herausgab; dieses Edikt ist zwar für die Christen nicht sehr schmeichelhaft abgefasst, aber es gewährt den Christen freie Ausübung ihres Glaubens, solange die öffentliche Ordnung dadurch nicht gestört wird. Das Toleranzedikt des Galerius war vorher sowohl von Konstantin als auch von seinem kaiserlichen Gegner Maxentius akzeptiert worden – von daher war die Schlacht an der Milvischen Brücke 312 kein Kampf des Christentums gegen das Heidentum, wie es oft dargestellt wird. (Quelle: http://de.academic.ru/dic.nsf/dewiki/903379)
  • Einige Konzile werden als herausragende Ereignisse in der Kirchengeschichte, als Ausgangspunkt der Berechnung genommen. Konzil von Nicäa (325 n. Chr.); Konzil von Konstantinopel (381 n. Chr.); Konzil von Ephesos (431 n. Chr.); Konzil von Chalzedon (451 n. Chr.); 2. Konzil von Konstantinopel (553 n. Chr.); 3. Konzil von Konstantinopel (680/81 n. Chr.); 2. Konzil von Nicäa (787 n Chr.). Sie sind die sieben ersten ökumenischen Konzile der Alten Kirche. Hier wurden dogmatische Definitionen festgelegt, welche seither von der katholischen und orthodoxen Kirche als unfehlbar anerkannt wurden. Zum großen Teil sind sie auch Lehrgrundlage der evangelischen Kirche geblieben.
  • Im Jahr 380 n. Chr. wurde durch das Edikt cunctos populos durch Theodosius I. das Christentum im römischen Reich zur Staatsreligion erhoben. Kein anderes Ereignis scheint einen solchen entscheidenden Einfluss auf mehrere Völker genommen zu haben als dieses.
  • Der Versuch einer Rückkehr zum Heidentum durch Konstantins Neffen Julian (Kaiser von 361 bis 363), teils verbunden mit einer Verhärtung der Fronten auf beiden Seiten, scheiterte. Den Endpunkt der von Konstantin eingeleiteten Entwicklung stellte die Erhebung des Christentums zur Staatsreligion durch Theodosius I. dar, wobei nun im Sinne des Ausschließlichkeitsanspruchs des Christentums die heidnischen Kulte untersagt wurden. Eine Ausnahme stellt das Judentum dar, das zwar durch Gesetze eingeschränkt, jedoch nicht verboten wurde. Trotz sehr strenger Gesetze gegen das antike Heidentum (unter Theodosius wurde etwa das Betrachten von Statuen oder Tempeln als Hochverrat gewertet) war dieses nur selten systematischen staatlichen Übergriffen ausgesetzt. Vielmehr boten die Gesetze eine Grundlage für die von christlichen Institutionen verübte Gewalt, die sich in erster Linie gegen heidnische Kulturgüter richtete. Nachdem die verschiedenen heidnischen Kulte bis um die Mitte des 4. Jahrhunderts zunehmend an Einfluss verloren hatten, weil sie etwa dem karitativen Wirken und dem missionarischen Impetus des Christentums nichts entgegenzusetzen hatten, wurde dieser Prozess im 6. Jahrhundert durch weitere staatliche Gesetzgebung forciert. In diesem Zusammenhang ist die wirkliche Durchdringung der Bevölkerung mit dem Christentum nicht exakt greifbar und in der Forschung folglich umstritten. (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Konstantinische_Wende)
  • 5./6. September des Jahres 394. Die Schlacht am Frigidus gilt traditionell oft als eine Auseinandersetzung zweier verschiedener Weltanschauungen: Der Christ Theodosius I. besiegte nach dieser Lesart den letzten Vertreter des antiken Heidentums und der Werte, auf denen das tausendjährige Römische Reich ruhte. Nach der Schlacht am Frigidus wurde das Christentum der einzige erlaubte Glaube im Imperium. Das Verbot des Heidentums und damit sein Untergang stellen in der Tat eine der tiefsten kulturgeschichtlichen Änderungen in der Antike dar. (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_am_Frigidus)
  • Im Jahre 445 n. Chr. erhielt Leo der Große vom Kaiser Valintinianus II. den Titel „Bischof aller Gemeinden“ aufgrund seines außerordentlichen Werkes, die katholische Lehre zu verteidigen, wodurch er sich einen guten Ruf im Klerus erwarb. Er prägte maßgeblich den Titel Pontifex Maximus (oberster Priester), wobei er diesen Titel nicht auf sich, sondern auf Jesus Christus als den obersten Bischof bezog. Trotzdem bezeichnete man ihn zu Lebzeiten schon als Papa. Die Auszeichnung Leos des Großen mit dem Titel Pontfex Maximus vom Kaiser Valintinianus II. war nicht sein Werk; jedoch lieferten seine Lehren über das Petrusamt und die Stellung des Papstes die Grundlage.
  • Im Jahr 538 n. Chr. werden die Ostgoten als letztes Hindernis zur Vormachtstellung des Papsttums vertrieben.

Das „Loslassen“ des Drachen – die Einführung der heidnischen und esoterischen Bräuche in die “christlichen“ Länder – kann auch nicht auf Tag und Jahr festgelegt werden. Vielmehr setzte sich ein Prozess des Einflusses und des erneuten Aufblühens des heidnischen Geistes in all seinen Erscheinungsformen in Gang, welcher sich im Laufe der Jahrhunderte global ausbreitete und bis heute andauert. Wir können auch hier anhand der geschichtlichen Ereignisse erkennen, dass sich, je stärker die päpstliche Macht mit der Zeit an Einfluss und Vormachtstellung einbüßte, der heidnische Geist unter den Menschen Verbreitung finden konnte. Diese Entwicklung verlief in den einzelnen christlichen Ländern unterschiedlich.

  • Die Bibelübersetzung im Jahre 1383 von Wyclif z.B. hat eine umfangreiche Verbreitung des Christentum in England zur Folge gehabt. Mehrere Reformatoren danach gründeten ihr Wirken auf die Errungenschaften von Wyclif. Durch diese Entwicklung in England wurde das Papsttum geschwächt, kann aber nicht als das „Loslassen“ des Drachen angenommen werden.
  • Wie kein anderes Ereignis jedoch haben die 95 Thesen von Dr. Martin Luther im Jahre 1517 den päpstlichen Thron ins Wanken gebracht. Es folgte 1530 das protestantische Glaubensbekenntnis – die Augsburgische Konfession. Mit den Ereignissen dieser Jahre wurde die päpstliche Macht entscheidend gebrochen und kann damit als eine Einleitung des „Loslassen des Drachen“ angenommen werden.
  • Die bedeutendste und einflussreichste antichristliche Strömung, welche sich etablierte und bis heute seinen Einfluss in sämtlichen Gesellschaftsbereichen weiter ausbauen konnte, ist der atheistische Geist der Aufklärung. Im Jahr 1732 sprach Jean-Baptiste Dubos erstmals von einem Siècle des Lumières („Jahrhundert der Lichter“). Mit der Zunahme des Unglaubens wird der heidnischen Weltanschauung Tür und Tor geöffnet. Der von Adam Weishaupt am 1. Mai 1776 gegründete Illuminatenorden – heute bekannt unter der Bezeichnung Freimaurer – ist die bekannteste atheistische Vereinigung, welche bis heute seinen Einfluss in sämtlichen Gesellschaftsbereichen weiter ausbauen konnte. Das Ende des 18. Jh. kann man als Beginn der Ausbreitung der Naturreligionen, TCM, Okkultismus u.v.m. betrachten.
  • Im Jahr 1798 n.Chr. wurde im Zuge der französischen Revolution Papst Pius VI. durch den französischen General Bertiér gefangengenommen. Dieses Ereignis wird von manchen Auslegern als das eigentliche „Loslassen des Drachens“ erklärt. Es handelt sich allerdings nur um einen sichtbaren Einbruch der katholischen Kirche und nicht um einen Beginn der Ausbreitung des heidnischen Geistes.

Wir sehen, dass die Zahl 1000 eine symbolische Zahl für eine große Zeitspanne ist, welche sich über den oben beschrieben Zeitraum erstreckte.

Nun geht es mit der Auslegung weiter.

Off 20,4Und ich sah Throne, und sie setzten sich darauf, und das Gericht wurde ihnen übergeben; und ich sah die Seelen derer, die um des Zeugnisses Jesu und um des Wortes Gottes willen enthauptet worden waren, und die, welche das Tier und sein Bild nicht angebetet und das Malzeichen nicht an ihre Stirn und an ihre Hand angenommen hatten, und sie wurden lebendig und herrschten mit dem Christus tausend Jahre.“.

Hier gibt es für den menschlichen Stolz reichlich Einbildungsstoff. Das Wort „herrschen“ isoliert betrachtet ist mit Macht, Reichtum und Ehre verbunden – alles, was sich die fleischliche Gesinnung so wünscht. Nun ist aber zu beachten, dass hier im Vers 4 die „Seelen derer, die um des Zeugnisses Jesu und um des Wortes Gottes willen enthauptet waren“ und „die, welche das Tier (…) nicht angebetet“ erwähnt werden. Gemeint sind hier echte Christen, die um des Glaubens willen ermordet wurden; sie werden hier „unverschlüsselt“ dargestellt. Welcher Art war ihre Herrschaft mit Christus? Sie herrschten über ihr eigenes Fleisch: „(…) Wandelt im Geist, und ihr werdet die Begierde des Fleisches nicht erfüllen“ (Gal 5,16). Sie herrschten über Sünde in ihrem Leib: „So herrsche nun nicht die Sünde in eurem sterblichen Leib, dass er seinen Begierden gehorche  (…)“ (Röm 6,12). Sie herrschten über die Welt: „Denn alles, was aus Gott geboren ist, überwindet die Welt; und dies ist der Sieg, der die Welt überwunden hat: unser Glaube“ (1.Joh 5,4). Sie widerstanden dem Teufel: „Unterwerft euch nun Gott! Widersteht aber dem Teufel! Und er wird von euch fliehen“ (Jak 4,7). Die Überwinder in jener Zeitepoche, die ihren Glauben nicht verleugnet haben, herrschten mit Christus diese lange mittelalterliche päpstliche Nacht hindurch, zusammen mit all den „Seelen derer, die enthauptet“ wurden mit denen, die den Märtyrertod erlitten. Hier auf Erden und dort im Himmel sind die Erlösten eins in Christus. Den Erlösten Hebräern wurde gesagt: „(…) ihr seid gekommen zum Berg Zion und zur Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem; und zu Myriaden von Engeln, einer Festversammlung, und zu der Gemeinde der Erstgeborenen, die in den Himmeln angeschrieben sind; und zu Gott, dem Richter aller; und zu den Geistern der vollendeten Gerechten und zu Jesus, dem Mittler eines neuen Bundes (…)“ (Hebr 12,22-24). Selbstverständlich herrschen mit Christus auch die Überwinder, die schon entschlafen und in dieser Zeit im Paradies sind (siehe Offb 3,21).

Wer sind nun diejenigen, die „nicht angebetet“ und „nicht angenommen“ hatten, aber „lebendig“ wurden? Wir fangen mit dem letzten Begriff „wurden lebendig“ an. Damit sind jene gemeint, die eine geistliche Wiedergeburt erlebt haben. Sie haben den toten kirchlichen Gottesdienst nicht angenommen, haben weder das Tier (die teuflische Verführung durch den Katholizismus) noch sein Bild (das kirchliche System nach dem Vorbild des Katholizismus) angebetet. Sie haben das verkehrte kirchliche Denken und Handeln (das Malzeichen auf der Stirn und auf der Hand) nicht angenommen.

Off 20,5 „Die Übrigen der Toten wurden nicht lebendig, bis die tausend Jahre vollendet waren. Dies ist die erste Auferstehung.“

Die geistlich Toten wurden in diesen „tausend Jahren“ nicht lebendig – sie erlebten keine Wiedergeburt. Dies gibt uns einen Hinweis darauf, dass es in der dunklen Zeit des Katholizismus keine freie Möglichkeit zur Evangelisation gab. Die geistlich Toten wurden nicht wiedergeboren. Die Worte „Dies ist die erste Auferstehung“ geben uns die Gewissheit, dass es sich hier nicht um körperlich, sondern um geistlich Tote handelt.

Off 20,6 „Glückselig und heilig, wer teilhat an der ersten Auferstehung! Über diese hat der zweite Tod keine Macht, sondern sie werden Priester Gottes und des Christus sein und mit ihm herrschen die tausend Jahre.“

Glücklich können sich alle schätzen, die durch das Blut Jesu Christi von ihren Sünden erlöst sind. Der fleischliche Tod hat über die geistlich lebendigen Menschen keine Macht mehr. Wenn auch der Leib der Erlösten stirbt, ist dies für sie nur ein Übergang vom Glauben zum Schauen. Apostel Paulus sagt: „Wenn aber dieses Vergängliche Unvergänglichkeit anziehen und dieses Sterbliche Unsterblichkeit anziehen wird, dann wird das Wort erfüllt werden, das geschrieben steht: „Verschlungen ist der Tod in Sieg“ (1.Kor 15,54). Der Tod kann ihnen die Erbschaft im Himmel nicht wegnehmen. „Wenn aber Kinder, so auch Erben, Erben Gottes und Miterben Christi, wenn wir wirklich mitleiden, damit wir auch mit verherrlicht werden“ (Röm 8,17). Sie haben eine priesterliche Aufgabe für andere zu beten. Gleich Priestern vermitteln sie zwischen den Verlorenen und Gott und erbitten für sie die Errettung ihrer Seelen.

Warum wird hier aber der Ausdruck „der zweite Tod“ verwendet? Er ist ähnlich wie in Off 2,11: „(…) Wer überwindet, wird keinen Schaden erleiden von dem zweiten Tod.“ Obwohl die vorher erwähnte Auslegung zutrifft – der leibliche Tod kann unserem geistlichen Leben nicht schaden, ist unter dem „zweiten Tod“ nur der geistliche Tod gemeint. Deutlich wird der zweite Tod in Offb 20,14.15 erklärt: Und der Tod und der Hades wurden in den Feuersee geworfen. Dies ist der zweite Tod, der Feuersee. Und wenn jemand nicht geschrieben gefunden wurde in dem Buch des Lebens, so wurde er in den Feuersee geworfen.“ Wer hier geistlich wiedergeboren ist (wer teil hat an der ersten Auferstehung), der ist der ewigen Verdammnis entflohen. Siehe Joh 5,24 „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern er ist aus dem Tod in das Leben übergegangen.“ Darum gibt es eine erste Auferstehung (eine geistliche Wiedergeburt) und es gibt den ersten Tod (durch Sünde verursacht, eine Trennung von Gott). Es gibt eine zweite Auferstehung bei der Wiederkunft Christi, und es gibt den zweiten Tod im Feuersee.

Off 20,7Und wenn die tausend Jahre vollendet sind, wird der Satan aus seinem Gefängnis losgelassen werden.“

In den Versen 2 und 3 wurde die Zeitperiode mit der Beschreibung vom Teufel dargestellt. Anschließend wurde in den Versen 4 und 6 die gleiche Zeitperiode mit der Beschreibung der Erlösten wiederholt. Wir sind daher zur gleichen Zeitperiode, wie im Vers 3 beschrieben, angelangt. In beiden Szenen heißt es „wenn die tausend Jahre vollendet sind“ und „Satan wird losgelassen“. Mit dem Vers 7 endet die Erklärung vom „1000-jahrigen Reich“ und es wird auf die Fortsetzung der Auslegung der Verse 8 und 9 verzichtet. Allein um die Namen „Gog und Magog“ zu erklären, bedarf es einer fundierten biblischen Analyse und einer genauen Erörterung des historischen Hintergrundes. Dies kann man nicht mit wenigen Zeilen beschreiben. Nur kurz gesagt: Auch hier handelt es sich um einen geistlichen Kampf und nicht um eine buchstäbliche militärische Konfrontation vor den Mauern Jerusalems.

4. Schlusswort

Nach dem Lesen der Auslegung könnte vielleicht der ein oder andere meinen, dass er nun wohl etwas Wissen über die Offenbarung dazu gewonnen hat, aber dies unbedeutend für das Heil ist. In der Tat besteht kein direkter Zusammenhang. Es hat aber große Auswirkung darauf, worauf wir unsere Aufmerksamkeit lenken. Die biblischen Prophezeiungen haben vor allem geistlichen Bezug, weil es sich um die Erlösung unserer Seele handelt. Das Augenmerk der Christen sollte daher auf die innere, geistliche Reinheit und nicht auf fantasiereiche Zukunftsbilder gerichtet sein.

Wir sehen, dass das tausendjährige Reich geistlich zu deuten ist und kein buchstäbliches Reich auf Erden darstellt. Bei den in der Bibel erwähnten tausend Jahren handelt es sich zwar um einen historischen Zeitabschnitt, aber die Ereignisse in ihm sind geistlich zu erklären.

Die Zeitperiode mit der Beschreibung der 1000 Jahre ist längst vergangen. Die Herrschaft im Reich Gottes ist eine geistliche Überwindung. Das fordert uns auf heute und nicht erst in der Zukunft tadellos und standhaft für Christus zu leben.

„Denn wir sind Teilhaber des Christus geworden, wenn wir die anfängliche Grundlage bis zum Ende standhaft festhalten“ (Hebr 3,14).