Können wir ohne Sünde leben?

Diese Frage ist eine der Schlüsselfragen des Christentums, weil sie im Mittelpunkt des universellen Erlösungsplanes Gottes für die Menschen steht.

Lieber Leser, vielleicht erscheinen dir die Antworten auf diese Frage unpopulär. Bevor du aber diese Seite schließt, prüfe bitte alle Argumente im Licht der Bibel. Die Frage ist sehr wichtig und umfangreich und erfordert darum Geduld und Nachforschung. Ich möchte möglichst einfach und verständlich die Antworten auf diese Frage darlegen und mit dem Wort Gottes argumentieren. Später gehen wir noch auf scheinbare Gegenargumente ein.

Eine eindeutige Aufforderung

Ich möchte mit der Begebenheit aus dem Johannes Evangelium im Kapitel 8 beginnen, als Jesus die Ehebrecherin begnadigt hatte und zu ihr sprach: „Auch ich verurteile dich nicht. Geh hin und sündige von jetzt an nicht mehr“ (Joh 8,11; vgl. auch Joh 5,14). Der Ausspruch ist eindeutig: Er sagte nicht, „weniger zu sündigen“, „nicht so oft“ oder irgendwann „in der Zukunft“ nicht mehr, sondern „von jetzt an“, das heißt, kategorisch ab sofort nicht mehr zu sündigen. Lass mich jetzt die Frage stellen: „Hat Jesus je eine Forderung gestellt, die wir nicht imstande sind zu erfüllen?“ Viele Ausleger behaupten, die Forderung sei uns zwar gestellt, aber sie gehe über unsere Kräfte. Wir lesen in Joh 2,25, dass Jesus, der Sohn Gottes, es „…nicht nötig hatte, dass jemand Zeugnis gebe von dem Menschen; denn er selbst wusste, was in dem Menschen war.“ Hätte Er dann nicht bei der Aufforderung, nicht mehr zu sündigen, voraussehen müssen, dass sie gar nicht zu auszuführen sei? Wenn Eltern ihren Kindern eine Aufgabe geben, überlegen sie dann nicht vorher, ob das Kind auch in der Lage ist, die Aufgabe zu erfüllen? Wie viel mehr müsste Jesus, der durch Seine Worte „Himmel und Erde werden vergehen; aber meine Worte vergehen nicht“ (Mt 24,35) Maßstäbe vom ewigen Wert setzte, überlegt haben, ob wir sie nicht auch erfüllen können! Oder müssen wir annehmen, dass er uns bewusst untragbare Lasten auferlegt? Könnte das möglich sein? Dann wäre Er ungerecht! Wir stimmen Paulus zu, der sagte: „Auf keinen Fall! Wie könnte sonst Gott die Welt richten?“ (Röm 3,6).

Begnadigter Sünder

In manchen christlichen Schriften stößt man auf den Ausdruck „Begnadigter Sünder“. Diesen Ausdruck finde ich nicht in der Bibel, darum ist er mir fremd. Lasst uns den Begriff etwas näher betrachten. Zunächst ist es wichtig, die Definition für Sünde festzuhalten. Apostel Johannes sagt: „Jeder, der die Sünde tut, tut auch die Gesetzlosigkeit, und die Sünde ist die Gesetzlosigkeit“ (1. Joh 3,4). Demnach ist Sünde ein Übertreten, ein Überschreiten oder auch ein Nicht-Erfüllen eines Gebots, eines Gesetzes oder einer anderen Beschränkung von Gott. Zum Beispiel hat Gott geboten: „…und ihr sollt nicht lügen…“ (3. Mose 19,11). Hat der Mensch doch gelogen, ist er durch diese Tat ein Übertreter geworden – ein Sünder. Im Garten Eden sprach Gott zu Adam: „Von jedem Baum des Gartens darfst du essen; aber vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen, davon darfst du nicht essen; denn an dem Tag, da du davon isst, musst du sterben“ (1. Mose 2,16). Obwohl Adam und Eva nur ein Verbot, nur eine Beschränkung gegeben war, übertraten sie diese – und fielen in Sünde. Infolge dessen haben sich viele Dinge verändert: Sie haben die Nähe Gottes verloren; sie sind unrein und ungerecht vor Gott geworden; sie starben den geistlichen Tod u.v.m. Gott verstieß sie aus dem Garten Eden. Der Grund solch einer Verstoßung wird erklärt in Jes 59,2: „… eure Vergehen sind es, die eine Scheidung gemacht haben zwischen euch und eurem Gott, und eure Sünden haben sein Angesicht vor euch verhüllt, dass er nicht hört.“

Um den Menschen zu helfen, hat Gott Seinen Sohn auf diese Erde gesandt, „…damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht…“ Joh 3,16. Und „Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt…“ (1. Joh 1,9).

Wir können nun zwei Gegensätze erkennen: Der, welcher gesündigt hat, ist zum Sünder geworden, hat die Gemeinschaft mit Gott verloren und ist geistlich gestorben. Dies ist in dem Gleichnis Jesu vom verlorenen Sohn gut verdeutlicht. Sein Vater spricht: „Denn dieser mein Sohn war tot und ist wieder lebendig geworden; er war verloren und ist gefunden worden“ (vgl. Lk 15,11-32). Ist Gott einem Sünder gnädig und vergibt ihm seine Sünden (vgl. Eph 2,5), ist er in Gottes Augen hinfort kein Sünder mehr! Gott hat ihn gerecht gesprochen; er ist lebendig geworden; Gott hat ihn als Sohn angenommen und ihn zum Erben gesetzt (vgl. Tit 3,7); Er hat ihm den Schuldschein gelöscht (vgl. Kol 2,14); seiner Sünden gedenkt er nicht mehr. Aber an dem Tag, an dem er wieder sündigt, verliert er alles Geschenkte und ist wieder ein Sünder geworden (vgl. Hes 33,16). Wer Sünde tut platziert sich in Gottes Augen auf die gleiche Stufe mit Ehebrechern und Mördern etc. und wird den gleichen Lohn erhalten. Kann man als Sünder tot und gleichzeitig durch die Gnade lebendig sein? Kann man durch die Gnade als Sohn Gottes angenommen und gleichzeitig als Sünder fern von Ihm sein? Nein! Ist jemand begnadigt, so ist er kein Sünder mehr – er lebt! Ist er wieder ein Sünder geworden, so hat er die Gnade verloren – er ist gestorben! Gegensätze schließen sich immer aus. Man ist entweder ein Sünder oder ein Begnadigter! Die Bibel unterscheidet auch keine zwei Klassen von Sündern, wie z.B. “heilige Sünder“ und “gottlose Sünder“. Alles andere ist nur Verwirrung und Betrug!

Erlöst sein heißt frei sein

Was heißt „Erlösung von Sünde“? Eine von Definitionen ist Vergebung. Noch im Alten Bund konnte das jüdische Volk durch Opfer die Vergebung ihrer Sünden bekommen. „…so erwirke der Priester Sühnung für sie, und es wird ihnen vergeben werden“. (3.Mo 4,20) Aber sie konnten nicht von ihren Sünden errettet werden. Sie sündigten immer wieder – und mussten wiederholt Opfer bringen. Wozu ist aber Jesus gekommen? Wir sind ihm dankbar, dass er „…nicht mit Blut von Böcken und Kälbern, sondern mit seinem eigenen Blut ein für alle Mal in das Heiligtum hineingegangen und hat uns eine ewige Erlösung erworben“. (Hebr 9,12) Welch eine Glückseligkeit! Er hat nicht nur eine Vergebung, sondern eine „ewige Erlösung“ gebracht; das heißt, eine nicht zeitbegrenzte, sondern endgültige Befreiung. Wenn Menschen sündigen, so sind sie unter der Macht des Teufels, aber er hat „… uns gerettet hat aus der Macht der Finsternis und versetzt in das Reich des Sohnes seiner Liebe. In ihm haben wir die Erlösung, die Vergebung der Sünden“ (Kol 1,13.14). Darum ist die andere Definition der „Erlösung“ eine Befreiung, eine Rettung „aus der Macht der Finsternis“.

Ist jemand aus einer Gefangenschaft erlöst, d.h. befreit, dann ist er nicht mehr unter Ketten, eingesperrt oder gebunden, sondern außerhalb der fesselnden Institution. Es ist ein Unterschied, ob jemand im Hof des Gefängnisses spazieren darf oder ob er für immer die Mauern des Gefängnisses hinter sich hat. Ist jemand von einer üblen Gewohnheit, z.B. dem Rauchen, befreit, so versteht man darunter nicht, dass er weniger oder seltener raucht, sondern dass er davon völlig frei ist und hinfort keine einzige Zigarette mehr raucht. Ist jemand von Sünde erlöst, so ist er von der Sünde frei; er sündigt nicht weniger oder seltener, sondern ist davon, Gott sei Dank, ganz frei! Das ist der Kern der Guten Botschaft! „Denn was er gestorben ist, ist er ein für alle Mal der Sünde gestorben; was er aber lebt, lebt er Gott. So auch ihr: Haltet euch der Sünde für tot, Gott aber lebend in Christus Jesus!“ (Röm 6,10.11).

Als die Juden mit Jesus diskutierten, hat er ihnen vorgeschlagen: „Wenn ihr in meinem Wort bleibt, so seid ihr wahrhaft meine Jünger; und ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen“. (Joh 8,31.32) Sie dachten von der leiblichen Verhaftung und verstanden Jesus nicht. Darum antworteten sie ihm: „Wir sind Abrahams Nachkommenschaft und sind nie jemandes Sklaven gewesen. Wie sagst du: Ihr sollt frei werden?“ (Vers 33) Da erklärte ihnen Jesus: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Jeder, der die Sünde tut, ist der Sünde Sklave. Der Sklave aber bleibt nicht für immer im Haus; der Sohn bleibt für immer. Wenn nun der Sohn euch frei machen wird, so werdet ihr wirklich frei sein“. (Joh 8,34-36) Darum, wer sündigt, kann nicht ein Bruder Jesu sein (vergl. Mt 12,50), kann nicht „in der Familie“ – im Hause Gottes sein. Er ist ein Sklave der Sünde, ein Sklave Teufels, weil „Wer die Sünde tut, ist aus dem Teufel, denn der Teufel sündigt von Anfang an…“ (1.Joh 3,8) Wenn wir aber Seine Gebote nicht übertreten, bleiben wir im Frieden mit Gott, bleiben Seine Kinder. „Hieran sind offenbar die Kinder Gottes und die Kinder des Teufels: Jeder, der nicht Gerechtigkeit tut, ist nicht aus Gott…“ (1.Joh 3,10)

Kann ein Sünder in den Himmel eingehen?

1.Der Himmel ist ein Ort der Belohnung. In der Schrift lesen wir davon, dass nach dem Tod die Gerechten ein Siegeskranz erwartet (vgl. 2.Tim 4,8) und sie in die Stätte eingehen dürfen, die Jesus ihnen bereitet hat (vgl. Joh 14,2). Jesus tröstete Seine Jünger und sprach von einem Schatz im Himmel (vgl. Mt 19,21), und in Off 14,13 wird uns verheißen: „Glückselig die Toten, die von jetzt an im Herrn sterben! Ja, spricht der Geist, damit sie ruhen von ihren Mühen, denn ihre Werke folgen ihnen nach.“ Somit ist der Himmel ein Ort der Belohnung, in welchem Gott – die Quelle des Guten – herrscht.

2.Wer ist für den Himmel geeignet? Ich sehe keinen Bedarf, hier zu belegen, dass Gott in Seiner Nähe keine Sünder, Ungehorsame, Verbrecher, Unreine usw. dulden kann. Wer sich in der Geschichte und der Schrift auskennt, zweifelt die Heiligkeit Jesu nicht an. Ferner sagt uns die Schrift, dass Gott auch von uns erwartet dem „Sohne Gottes gleichförmig zu sein, damit er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern“ (vgl. Röm 8,29). Er will, dass Jesus nicht allein, sondern mit vielen, Ihm ähnlichen Brüdern im Himmel sei. Diese Ähnlichkeit ist vor allem auf die Unschuld und Heiligkeit Jesu zurückzuführen (vgl. 1. Petr. 2,22). Darum hat auch Paulus dahin gearbeitet „…damit er die Gemeinde sich selbst verherrlicht darstellte, die nicht Flecken oder Runzel oder etwas dergleichen habe, sondern dass sie heilig und tadellos sei“ (Eph 5,27). Ohne diese Reinheit ist es unmöglich in Gottes heilige Nähe zu treten. Die Sünde ist wie eine Mauer, die uns von Gott trennt. „Eure Schuld – sie steht wie eine Mauer zwischen euch und eurem Gott! Eure Sünden verdecken ihn, darum hört er euch nicht“ (Jes 59,2 Hoffnung für Alle Bibel). Darum kann kein Sünder in die Nähe Gottes kommen!

Die Gemeinde der Erlösten vergleicht Apostel Johannes mit einer Stadt und mit einer Braut: „Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, aus dem Himmel von Gott herabkommen, bereitet wie eine für ihren Mann geschmückte Braut“ (Offb 21,2). Mehrere Verse weiter spricht er von ihrer Reinheit: „Und alles Unreine wird nicht in sie hineinkommen, noch derjenige, der Gräuel und Lüge tut, sondern nur die, welche geschrieben sind im Buch des Lebens des Lammes“ (Off 21,27). Auch Apostel Paulus warnt: „Oder wisst ihr nicht, dass Ungerechte das Reich Gottes nicht erben werden? Irrt euch nicht! Weder Unzüchtige noch Götzendiener noch Ehebrecher noch Lustknaben noch Knabenschänder noch Diebe noch Habsüchtige noch Trunkenbolde noch Lästerer noch Räuber werden das Reich Gottes erben“ (1. Kor 6,9.10).

Weil Gott heilig ist und nichts Unreines in Seiner Gegenwart zulässt, werden nur diejenige, die durch das Blut Jesu gerechtfertigt wurden, in den Himmel kommen dürfen. Manche fragen sich, warum Gott nicht schon hier auf Erden das Gute und Böse sichtbar trennt. Im Gleichnis in Mt 13,24-30; 36-42 vom Feld mit der guten Saat und dem Unkraut erklärt Jesus, dass die Knechte die Saat mit dem Unkraut zusammen wachsen lassen sollen, damit sie „…nicht etwa beim Zusammenlesen des Unkrauts gleichzeitig mit ihm den Weizen ausreißt.“ So lässt Gott auf der Erde unter den Menschen das Gute und Böse wie auf einem Feld zusammen wachsen, um es dann später am Tage des Gerichts zu trennen.

3.Gottes rettender Plan. An dem sehr wichtigen Gerichtstag werden alle Menschen von Jesus beurteilt werden. Wir werden dann nicht mehr begnadigt, sondern empfangen den gerechten Lohn für unser Leben. Niemand kann dem ausweichen und niemand kann sich entschuldigen können. Der Gerichtstag wird gnadenlos sein. Wenn wir wollen, dass uns das Tor zum Himmel geöffnet werden soll, müssen wir schon jetzt rein und heilig dastehen.

Sehr wichtig zu beachten ist: Es ist nirgendwo in der Bibel davon geschrieben, dass der Tod ein Erlöser ist. Salomo vergleicht den Menschen nach der Todesstunde mit einem gefällten Baum: „… wenn ein Baum nach Süden oder nach Norden fällt: an der Stelle, wo der Baum fällt, da muss er liegen bleiben“ (Pred 11,3). In Hebr 9,27 heißt es: „Und wie es den Menschen bestimmt ist, einmal zu sterben, danach aber das Gericht…“ Es gibt nach dem Tod keine Chance zur Verbesserung mehr. Nach dem Tod kommt das Gericht. Man findet in der Bibel kein Wort von einem sogenannten „Fegefeuer“ oder einem ähnlichen Ort oder Zeitraum, wo der Mensch nach dem Tod das, was er zu Lebzeiten Gott und den Menschen gegenüber zu tun oder zu lassen versäumt hat, wieder gut machen könnte. Solche Irrlehren sind eine List des Teufels, welche die Menschen dahin führen sollen, dass es für sie eines Tages zu spät ist. Den Frieden mit Gott soll man jetzt und heute finden. Der Heilige Geist spricht: “Heute, wenn ihr seine Stimme hört, verhärtet eure Herzen nicht…“ (Hebr 3,7.8). Zu Lebzeiten müssen wir gerechtfertigt werden und schon jetzt den Frieden mit Gott haben. Paulus spricht in der Gegenwartsform: „Da wir nun gerechtfertigt worden sind aus Glauben, so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus…“ (Röm 5,1).

Und grade dafür kam Christus auf diese Erde! Er will uns nicht das weiße Kleid der Gerechtigkeit geben, damit wir es am nächsten Tag schon wieder beschmutzen. Petrus gebraucht ein Bild für die, die so etwas tun: „Der Hund kehrt wieder um zu seinem eigenen Gespei, und: Die gewaschene Sau zum Wälzen im Kot“ (2. Petr 2,22). Im Brief an Titus 2,11.12 erläutert Apostel Paulus den Zweck der Erlösung folgenderweise: „Denn die Gnade Gottes ist erschienen, heilbringend allen Menschen, und unterweist uns, damit wir die Gottlosigkeit und die weltlichen Begierden verleugnen und besonnen und gerecht und gottesfürchtig leben in dem jetzigen Zeitlauf…“ Wir sollen von Sünde gerettet werden und nicht zu den verkehrten Werken zurückkehren!

4.Selbstbetrug ist töricht und unnütz. Um gottesfürchtig zu leben muss man selbstsüchtige Wünsche überwinden. Die eigenen Begierden müssen „verleugnet“ werden. Denn das Fleisch begehrt gegen den Geist auf, der Geist aber gegen das Fleisch; denn diese sind einander entgegengesetzt, damit ihr nicht das tut, was ihr wollt“ (Gal 5,17). Es ist ein geistlicher Kampf, in dem wir unsere menschliche Natur in den Dienst Gottes stellen müssen.

Leider wollen nur wenige diesen Kampf aufnehmen und an dieser Überwindung teilnehmen. Den meisten Menschen ist es bequemer sich selbst zu betrügen. Paulus hat gewarnt: „Denn es kommt eine Zeit, da werden die Menschen der gesunden Lehre ´des Evangeliums` kein Gehör mehr schenken. Stattdessen werden sie sich Lehrer aussuchen, die ihren eigenen Vorstellungen entsprechen und die ihnen das sagen, was sie hören möchten“ (2. Tim 4,3; Neue Genfer Übersetzung). Ich habe schon einige Male gehört, wie bei Beerdigungen die Hinterbliebenen mit einer Hoffnung getröstet wurden, dass der Verstorbene jetzt endlich, nach so langem Kampf den lang ersehnten Frieden, die Ruhe und die Befreiung erreicht hat. Auch in vielen sogenannten christlichen Büchern wird uns ein solches Bild der Hoffnung gemacht, dass nach dem Tod einmal „alles besser werden wird“. In einer Hinsicht ist ein solches Versprechen auch wahrheitsgemäß; in anderer Hinsicht ist es eine schlaue List des Seelenfeindes. Natürlich hatten einige Menschen aufgrund von Krankheit, Unfällen oder familiären Umständen Trübsale im Leben. Aber wir sprechen hier von denen, die ihr Leben durch Sünden verstümmelt haben. Obwohl sie im Leben Gott ungehorsam waren, wird ihnen Vergebung versprochen. Die falschen Verkündiger stellen die Erlösung nur mit dem ersten Teil aus Titus 2,11 dar: „Denn die Gnade Gottes ist erschienen, heilbringend allen Menschen…“ Der zweite Teil des Satzes mit den Worten „die weltlichen Begierden verleugnen“ ist für sie nicht relevant. Folglich braucht man nichts tun, weil, so wird es behauptet, Jesus für uns alles getan hat. Auf diese Weise werden die Seelen in einer sorglosen und passiven Erwartung in den Schlaf gepredigt, da man nichts tun und ändern muss und dabei in den schönen Himmel kommt. Nach den Worten der Helfer Satans besitzen wir sozusagen eine kostenlose Fahrkarte, weil „… alle gesündigt haben und erlangen nicht die Herrlichkeit Gottes und werden umsonst gerechtfertigt durch seine Gnade, durch die Erlösung, die in Christus Jesus ist“ (Röm 3,23.24). Welch ein Unglaube an die Macht und die Gerechtigkeit Gottes!

Wir müssen nicht nur durch den Glauben errettet, sondern durch unseren Wandel in diesem reinen und unbefleckten Zustand bleiben. Unsere Rettung von Sünden ist ein Geschenk Gottes. Gott hat damit die Möglichkeit geschaffen in Seine Nähe kommen zu können und Gemeinschaft mit Ihm zu haben. Es ist nicht Sein Plan, dass wir durch Sünde nach kurzer Zeit dieses Vorrecht verlieren. Mit Paulus wollen wir darum alle Gläubigen bitten: „…durch die Erbarmungen Gottes, eure Leiber darzustellen als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Opfer, was euer vernünftiger Gottesdienst ist. Und seid nicht gleichförmig dieser Welt, sondern werdet verwandelt durch die Erneuerung des Sinnes, dass ihr prüfen mögt, was der Wille Gottes ist: das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene“ (Röm 12,1.2;  siehe auch Mt 5,8 und Eph 2,1-10).

Lasst uns eifrig bemüht sein und unsere Rettung nicht versäumen!

Versuchung und Sünde

Viele Menschen, die sich Christen nennen, behaupten aufrichtig nicht ohne Sünde leben zu können. Sie haben ein scheinbar unschlagbares Argument: Wenn man auch in sämtlichen Punkten rein bleiben könnte, so doch nicht in den Gedanken. Sie haben die Erfahrung gemacht, dass selbst bei allen Anstrengungen, so vor Gott zu leben, wie es Ihm wohlgefällig ist, ihnen doch sündige Gedanken in Sinn kommen. Selbst die Aufforderung aus den zehn Geboten: „Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Frau, Knecht, Magd, Rind, Esel noch alles, was dein Nächster hat“ (2. Mose 20,17), kann nicht erfüllt werden. Wer hat nicht schon einen neidischen Gedanken gehabt? Auch müsste es einem Mann unmöglich sein, bei einem Blick auf eine attraktive Frau nie eine Begierde zu empfinden! (vgl. Mt 5,28) Somit wird jeder Gedanke solcher Art zur Sünde gezählt.

Aber die Schrift spricht auch von einer Versuchung. „Wacht und betet, damit ihr nicht in Versuchung kommt!“ (Mt 26,41). Wie kann man in sie geraten? Wie soll man sie von der Sünde unterscheiden? Wenn schon jeder unreine Gedanke eine Sünde ist, wo bleibt dann Raum für eine Versuchung? Doch wir wissen, dass es die Versuchung gibt und wir alle können versucht werden. Selbst von Jesus steht geschrieben, dass Er „…in allem in gleicher Weise wie wir versucht worden ist, doch ohne Sünde“ (Hebr 4,15). Der aufmerksame Bibelleser erkennt, dass Menschen Fehler machen können, können versucht werden und können auch sündigen. Diese drei Dinge muss man richtig unterscheiden. Darum ist in der Lehre über die Sünde nur dann der richtige Eifer und ein Gott wohlgefällig Leben erreicht, wenn man Seine Worte genau befolgt und nichts hinweg- oder hinzu tut. So, wie jedes Hinwegtun von der Schrift von Gott bestraft wird, so werden uns auch Plagen angedroht, wenn wir etwas hinzufügen (vgl. Off 22,18.19). Darum wollen wir hier in der Bewertung als Sünde nichts verharmlosen noch überbewerten.

Genaueren Aufschluss gibt uns der Brief des Jakobus. Lasst uns folgenden Vers aufmerksam betrachten: „Ein jeder aber wird versucht, wenn er von seiner eigenen Begierde fortgezogen und gelockt wird. Danach, wenn die Begierde empfangen hat, bringt sie Sünde hervor; die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod“ (Jak 1,14.15). Es heißt hier, dass die Sünde zutage tritt, nachdem die Begierde empfangen worden ist! Die Neue Genfer Übersetzung drückt es verständlicher aus: „…wenn jemand in Versuchung gerät, ist es seine eigene Begierde, die ihn reizt und in die Falle lockt. Nachdem die Begierde dann schwanger geworden ist, bringt sie die Sünde zur Welt…“

Nun möchte ich mit einfachen Worten mit einem Beispiel es erklären: Ein unreiner Gedanke kommt und man fängt an mit ihm zu „spielen“ oder ihn zu betrachten, obwohl davor in der Schrift gewarnt wird. Wird der Gedanke nicht energisch abgewiesen, so nistet er sich immer tiefer ein, bis es dann geschehen kann, dass der Mensch den Entschluss fasst das Verbotene doch zu vollbringen. Bis es zum Beispiel zu einem Diebstahl kommt, ist einem zunächst ein Gegenstand aufgefallen und es wird ein Begehren nach ihm im Herzen wach. Das Verlangen wird größer und man will diesen Gegenstand haben, aber wie? Dann steigt der Gedanke auf, ihn zu stehlen – wenn auch noch mit einem Gefühl von Furcht und Abscheu. Hat man das Begehren nicht „getötet“ und gibt ihm nach, fasst man irgendwann den Entschluss, doch zu stehlen. Hier ist der Knackpunkt: Die Begierde hat empfangen. Der Wille und die Entscheidung sind da. Es bleibt nur noch übrig, auf die richtige Gelegenheit zu warten um den Diebstahl zur Vollendung zu bringen. Aus einer Versuchung ist eine Sünde geworden. Im Herzen hat man schon gesündigt.

Die Begegnung mit einem verkehrten Gedanken können wir nicht vermeiden. Aber wir dürfen nicht auf ihn eingehen! Man kann es mit einem Händler, der seine Ware anbieten will, vergleichen. Wir können es nicht vermeiden, dass er an unsere Tür anklopft, um uns seine Ware vorzustellen. Wir können ihn aber fortschicken ohne seine Ware in die Hand genommen, geschweige denn gekauft zu haben. Obwohl es einfach gesagt ist, wird man manche Versuchung nur mit Mühe los; aber mit ernstem Gebet kann man durch den Glauben den Sieg erringen! Um uns in diesem Kampf zu helfen, hat Gott vorgesorgt und uns den Beistand (wörtlich: den zur Unterstützung Herbeigerufene), den Heiligen Geist gesandt, den wir im Glauben durch unsere Heiligung empfangen sollen.

Bibelstellen erklärt, die einer Möglichkeit sündenfrei zu leben scheinbar widersprechen

1. Bibelstelle: Ps 14,1; Röm 3,10-12 „Da ist keiner, der Gutes tut…“ Auch Mk 10,18

Als Beweis dafür, dass angeblich alle Menschen Sünder sind und ohne Sünde nicht leben können, wird oft die Bibelstelle aus Röm 3,10-12 zitiert: „„Da ist kein Gerechter, auch nicht einer; da ist keiner, der verständig ist; da ist keiner, der Gott sucht. Alle sind abgewichen, sie sind allesamt untauglich geworden; da ist keiner, der Gutes tut, da ist auch nicht einer.“ Damit will man beweisen, dass wir alle als Sünder eingestuft werden und keiner „Gutes tut“. Aber schon die Betrachtung des Kontextes zeigt, dass damit nicht die durch das Opferblut Jesu Gerechtfertigte gemeint sind. Denn zuvor, im 9.Vers, erklärt Paulus: „Denn wir haben sowohl Juden als auch Griechen vorher beschuldigt, dass sie alle unter der Sünde seien…“ Damit ist gemeint, dass keiner rein geboren wurde, sondern jeder ist in Sünde geboren ist (vgl. Ps 51,7); jeder Mensch bedarf der Erlösung. In den weiteren Versen finden wir viele Beschreibungen, die auf Sünder zutreffen: „Ihr Schlund ist ein offenes Grab; mit ihren Zungen handelten sie trügerisch.“ „Viperngift ist unter ihren Lippen“ „Ihr Mund ist voll Fluchens und Bitterkeit.“ „Ihre Füße sind schnell, Blut zu vergießen…“ (V. 13-15). Wenn wir weiterhin das Zitat, welches aus dem Psalm 14 von Paulus entnommen ist, untersuchen, (so) finden wir, dass mit dieser Beschreibung eindeutig die Gottlosen beschrieben werden: „Der Tor spricht in seinem Herzen: Es ist kein Gott (…)“ So ist schon bei geringem Aufwand und genauer Untersuchung ersichtlich, dass es sich hier nicht um Christen, nicht um Kinder Gottes handelt.

Eine andere Bibelstelle ist sinnverwandt mit Röm 3,10-12 und wird ebenfalls oft erwähnt. Es ist der Ausspruch Jesu in Mk 10,18: „…Niemand ist gut als nur einer, Gott.“ Damit ist aber nicht grundsätzlich behauptet, dass der Mensch niemals gut sein kann, weil an anderen Stelle Jesus selbst einen Menschen „gut“ nennt: „Der gute Mensch bringt aus dem guten Schatz Gutes hervor…“ (Mt 12,35). Mit den Worten „Niemand ist gut…“ hat Jesus auf die Quelle des Guten hingewiesen. Aus eigener Kraft kann der Mensch niemals gut sein, sondern erst dann, wenn Gott in sein Herz eingezogen ist. Es hört sich für jemanden vielleicht befremdend an, aber man kann nicht „gutes“ tun, wenn man in Feindschaft mit Gott ist. Weil Gott alle Dinge im Lichte der Ewigkeit sieht, werden sogar nicht alle Hilfeleistungen als „gut“ betrachtet. Die Definition des Guten bei Gott und bei Menschen unterscheidet sich hier erheblich. „Ein guter Baum kann nicht schlechte Früchte bringen, noch kann ein fauler Baum gute Früchte bringen“ (Mt 7,18). Diesen Gedanken ausführlich zu erklären und mit Bibelstellen zu belegen wäre an dieser Stelle zu umfangreich. Hier ist ein Bibelstudium notwendig. „Solches Vertrauen aber haben wir durch Christus zu Gott. Nicht dass wir tüchtig sind von uns selber, uns etwas zuzurechnen als von uns selber; sondern dass wir tüchtig sind, ist von Gott, der uns auch tüchtig gemacht hat zu Dienern des neuen Bundes…“ (2. Kor 3,4-6).

So kann der Mensch gut sein, aber nicht von sich aus, sondern wenn er das Gute, nämlich Gott, in sein Herz aufnimmt. Man kann es mit dem Mond vergleichen. Von sich aus leuchtet er nicht, aber als Reflektor der Sonne beleuchtet er hilfreich in der dunklen Nacht den Weg des Wanderers. Gott kommt in unser Herz und macht es gut. So finden wir es in Joh 14,23: „Wenn jemand mich liebt, so wird er mein Wort halten, und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen.“ So auch in 1.Kor 3,16: „Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?“

Hier muss noch ein wichtiger Punkt erwähnt werden, den wir leider wegen des Umfangs nur kurz streifen werden: Um das Gute in seinem Herzen zu bewahren, braucht der Mensch Hilfe. In dem geistlichen Kampf braucht er die Ausrüstung mit dem Heiligen Geist. Dieses wusste Jesus und befahl darum Seinen Jüngern. „… Ihr aber sollt in der Stadt bleiben, bis ihr ausgerüstet werdet mit Kraft aus der Höhe“ (Lk 24,49). Ohne diese Kraft müssten wir wie Paulus, als er noch unter dem Gesetz war, ausrufen: „Denn das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich“ (Röm 7,19).

2. Bibelstelle: 1. Joh 1,8 „Wenn wir sagen, dass wir keine Sünde haben, betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns.“

Diese Stelle scheint eindeutig für einen Beweis dafür zu sprechen, dass die Sünde uns unser Leben lang begleitet. Aber auch hier widerspricht sich die Bibel nicht. Wir müssen nur darauf achtgeben, welche Gedanken sich wie ein roter Faden durch den Brief ziehen. Zu welchem Anlass und zu welcher Zielgruppe hat Apostel Johannes den Brief geschrieben? Wichtige Gedanken werden sogar im Brief wiederholt. Da fällt auf, dass oft Themen wie Liebe, der entschiedene Wandel, die Heilsgewissheit und Jesus Christus erwähnt werden. Zu bemerken ist auch, dass unter den Gläubigen zu jener Zeit eine fortwährende geistliche Auseinandersetzung mit denen aus den Juden war, die wohl an Gott glaubten, Jesus aber verwarfen. Die hielten sich für gerecht und lehnen die Notwendigkeit, sich zu bekehren, ab (vgl. Lk 7,30).

Man merkt, mit welchem Nachdruck der Apostel Johannes auf Jesus Christus hinweist. Liest bitte das erste Kapitel und achtet darauf: Man kann für das erste Kapitel den 7. Vers als den zentralen Gedanken bezeichnen: „Wenn wir aber im Licht wandeln, wie er im Licht ist, haben wir Gemeinschaft miteinander, und das Blut Jesu, seines Sohnes, reinigt uns von jeder Sünde.“ Um die Notwendigkeit zu betonen, dieses versöhnende Opfer anzunehmen, fügt er hinzu: „Wenn wir sagen, dass wir keine Sünde haben, betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns“ (V. 8) .Im 9. Vers wiederholt und bekräftigt er die Errettung durch Jesus Blut vom 7. Vers und Vers 10 wiederholt den Gedanken von Vers 8: „Wenn wir sagen, dass wir nicht gesündigt haben…“ Hier muss bemerkt werden, dass er nicht „sündigen“ sagte (Gegenwartsform), sondern „gesündigt“, was auf die Vergangenheit hinweist. Und gesündigt haben wir alle. Das Wort Gottes sagt uns: „Darum, wie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist und durch die Sünde der Tod und so der Tod zu allen Menschen durchgedrungen ist, weil sie alle gesündigt haben“ (Röm 5,12). Darum brauchen alle Menschen Seine Gnade; (dies aber verwarfen die selbstgerechten Juden). Gleich danach schreibt der Apostel: „Meine Kinder, ich schreibe euch dies, damit ihr nicht sündigt…“ (1. Joh 2,1). Dies wiederholt er später mit anderen Worten: „Jeder, der in ihm bleibt, sündigt nicht…“ (Kap. 3,6); „Wer die Sünde tut, ist aus dem Teufel…“ (V. 8); „Jeder, der aus Gott geboren ist, tut nicht Sünde…“ (V. 9). Im ganzen Brief wird noch ein Ausnahmefall erwähnt: „…und wenn jemand sündigt – wir haben einen Beistand bei dem Vater: Jesus Christus, den Gerechten“ (Kap. 2,1). Das Wort „und wenn“ weist darauf hin, dass es nicht der normale Zustand, sondern eine Ausnahme ist.

Wenn wir der Meinung sind, dass Apostel Johannes einen durchdachten und vernünftigen Brief geschrieben und sich nicht grob widersprochen hat, so müssen seine Gedanken über die Sünde folgendermaßen zusammengefasst werden:

  • Alle Menschen haben gesündigt und brauchen die Barmherzigkeit Gottes.
  • Nach dem sie durch das Blut Jesu gereinigt worden sind, bleiben sie in der Gemeinschaft mit Gott und sündigen nicht mehr.
  • Als „Ausnahmefall“ – falls es doch passiert und sie doch gefallen sind, haben sie einen Beistand, einen Fürsprecher – Jesus Christus – bei Gott und können um die Vergebung bitten und zu einem „normalen“, sündenfreien Zustand zurückkehren.

3. Bibelstelle: Röm 7,15 „…denn nicht, was ich will, das tue ich, sondern was ich hasse, das übe ich aus.“

Diese Aussage ist in der Gegenwartsform geschrieben. Es ist darum selbstverständlich, dass man es auch so auszulegen versucht: Man kann ohne Sünde nicht leben, da man zu schwach ist. Wie auch bei allen anderen scheinbaren Unstimmigkeiten in der Bibel, müssen wir auch in diesem Fall den Kontext – hier den gesamten Brief – betrachten. Den Gedankengang des Briefes Vers für Vers zu verfolgen und zu kommentieren würde an dieser Stelle mehrere Seiten Auslegung beanspruchen. Daher beschränke ich mich auf die Erläuterung der wichtigsten Punkte und bitte den Leser, meine Argumente anhand der Schrift und Betrachtung des Kontextes zu überprüfen.

Nachdem Paulus im 5. Kapitel den Ursprung der Sünde und die Erlösung durch den Glauben erklärt, spricht er im 6. Kapitel von einem Leben ohne Sünde und vergleicht es mit der Taufe, auch mit dem Tod; mit „frei sein“ und „Sklave sein“. Dabei meint er unmissverständlich, dass man nicht sündigen soll. Hier einige Bibelstellen, die diese Aussage unterstützen: „…die wir der Sünde gestorben sind…“ (V. 2); „…dass wir der Sünde nicht mehr dienen…“ (V. 6); „So auch ihr: Haltet euch der Sünde für tot, Gott aber lebend in Christus Jesus“ (V. 11); „Denn die Sünde wird nicht über euch herrschen…“ (V. 14) u.a. Auch im 8. Kapitel bezieht er die gleiche Stellung zur Sünde wie im 6. Kapitel und sagt: „Denn das Gesetz des Geistes des Lebens in Christus Jesus hat dich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes“ (Kap. 8,2).

Könnte es sein, dass Paulus in seinen Aussagen im 7. Kapitel sich selbst widerspricht?

Um eine richtige Auslegung des Briefes festzustellen, wollen wir nun den Gedankenfluss des 7. Kapitels verfolgen. Am Anfang vergleicht Paulus das Gesetz mit der Verbindlichkeit in einer Ehe; dann stellt er die Notwendigkeit des Gesetzes infrage, während er kurz darauf wiederum die Notwendigkeit des Gesetzes im Zusammenhang unserer fleischlichen Neigungen betrachtet. Im 11. Vers schreibt er noch in der Vergangenheitsform: „Denn die Sünde ergriff durch das Gebot die Gelegenheit, täuschte mich und tötete mich durch dasselbe.“ Und hier ist ein wichtiger Moment! Er geht unbemerkt ab dem 12. Vers in die Gegenwartsform über: „So ist also das Gesetz heilig…“ In der Gegenwartsform weiter zu schreiben ist auch notwendig, um besser verdeutlichen zu können, in welchem Zustand sich unser Herz ohne Erlösung durch Jesus Christus befindet. V.15: „Denn ich weiß nicht, was ich tue. Denn ich tue nicht, was ich will; sondern was ich hasse, das tue ich.“ Damit will Paulus beweisen, dass das Gesetz geistlich ist, wir aber sind fleischlich, unter die Sünde verkauft (vgl. V.14). In den folgenden Versen fährt er in der Gegenwartsform fort, um den Zustand des Menschen unter dem Gesetzt zu beschreiben, bis er im 24. Vers ausrufen muss: „Ich elender Mensch! Wer wird mich retten von diesem Leibe des Todes?“ Hier kommt der Wendepunkt! Er weist jetzt auf den Ausweg und auf die Rettung hin: „Ich danke Gott durch Jesus Christus, unseren Herrn! Also diene ich nun selbst mit dem Sinn dem Gesetz Gottes, mit dem Fleisch aber dem Gesetz der Sünde.“ Nun wird hier deutlich, dass die Gesinnung des Fleisches und die Gesinnung des Geistes gegensätzlich sind und es unter dem Gesetz unmöglich ist, diese Gesinnung zu bändigen. Aber Gott sei Dank! „Denn das dem Gesetz Unmögliche, weil es durch das Fleisch kraftlos war, tat Gott, indem er seinen eigenen Sohn in Gestalt des Fleisches der Sünde und für die Sünde sandte und die Sünde im Fleisch verurteilte…“ (V.3). Erlösung erlangen wir nicht durch eigene Anstrengung und Werke, sondern es ist Gottes Werk. Der Gnade Gottes müssen wir danken, dass wir nicht mehr der Sünde, sondern Ihm dienen dürfen. Uns ist verheißen: „Wenn aber der Geist dessen, der Jesus aus den Toten auferweckt hat, in euch wohnt, so wird er, der Christus Jesus aus den Toten auferweckt hat, auch eure sterblichen Leiber lebendig machen wegen seines in euch wohnenden Geistes“ (Röm 8,11).

4. Bibelstelle: 1.Tim 1,15 „Das Wort ist gewiss und aller Annahme wert, dass Christus Jesus in die Welt gekommen ist, Sünder zu retten, von welchen ich der erste bin.“

Diese Bibelstelle legen manche so aus: Wenn Apostel Paulus „der erste“ Sünder gewesen sein soll, ist es uns noch viel weniger möglich ohne Sünde zu leben. Lasst uns aber einige voran­gehende Verse betrachten: „Ich danke Christus Jesus, unserem Herrn, der mir Kraft verliehen, dass er mich treu erachtet und in den Dienst gestellt hat, der ich früher ein Lästerer und Verfolger und Gewalttäter war; aber mir ist Barmherzigkeit zuteilgeworden, weil ich es unwissend im Unglauben getan hatte…“ (V. 12,13).

Wir können uns erinnern, dass Paulus Leben zuvor nicht „Jesus-freundlich“ war und er keinen Grund hatte, eine besondere Gunst von Ihm zu erwarten. Auch zeitlich gesehen sind andere Apostel viel früher zur Gnade gekommen. Von sich selber spricht er: „…zuletzt aber von allen, gleichsam der unzeitigen Geburt, erschien er auch mir“ (1. Kor 15,8). Apostel Paulus hat seine Vergangenheit nicht vergessen und gebraucht hier Ausdrücke, die seine Demut offenbaren. Aber er hätte auch Grund gehabt, sich zu rühmen. Vor den Korinthern musste er sich verteidigen und war gezwungen, seine Verdienste aufzählen: „Sie sind Hebräer? Ich auch. Sie sind Israeliten? Ich auch. Sie sind Abrahams Nachkommen? Ich auch. Sie sind Diener Christi? – Ich rede unsinnig – ich über die Maßen. In Mühen umso mehr, in Gefängnissen umso mehr, in Schlägen übermäßig, in Todesgefahren oft“ (2. Kor 11,22.23). Die Aufzählung wird in den nachfolgenden Versen fortgesetzt. Und in 1. Kor 15,10 sagt er offen: „…ich habe viel mehr gearbeitet als sie alle; nicht aber ich, sondern die Gnade Gottes, die mit mir ist.“

Mit Sicherheit könnte er sich noch anderer Vorzüge rühmen: „Denn wenn ich mich rühmen will, werde ich doch nicht töricht sein, denn ich werde die Wahrheit sagen. Ich enthalte mich aber dessen, damit nicht jemand höher von mir denke, als was er an mir sieht oder was er von mir hört, auch wegen des Außerordentlichen der Offenbarungen…“ (2. Kor 12,6.7). Aber Gott hat ihn in der Demut bewahrt. Er ist sich seiner vergangenen bösen Taten bewusst, nämlich dass er ein „Lästerer und Verfolger und Gewalttäter war.“ (1. Tim 1,13) In 1. Kor 15,9 schreibt er weiter: „Denn ich bin der geringste der Apostel, der ich nicht würdig bin, ein Apostel genannt zu werden, weil ich die Gemeinde Gottes verfolgt habe.“ Weil er die Gemeinde verfolgt hatte, fühlt er sich unwürdig höher zu nennen als „der Geringste“. Wir kommen zur Erkenntnis, dass dem Ausdruck „der Erste“ in 1.Tim 1,15 meint er nicht, dass er ein Sünder geblieben ist, sondern sagt weiter im 16. Vers: „Aber darum ist mir Barmherzigkeit zuteilgeworden, damit Jesus Christus an mir als dem Ersten die ganze Langmut beweise, zum Vorbild für die, welche an ihn glauben werden zum ewigen Leben.“ Man kann hier deutlich merken: Paulus will Menschen Hoffnung machen, die gleich wie er einst tief in Sünden gefallen sind und sich der Gnade Gottes für unwürdig erachteten.

Auch ein anderer Aspekt wäre hier ganz widersprüchlich: einmal hätte er sich als erster Sünder eingestuft, dann aber mit Worten beschrieben: „Ihr seid Zeugen und Gott, wie heilig und gerecht und untadelig wir gegen euch, die Glaubenden, waren“ (1. Thess 2,10).

5.Bibelstelle: Jak 4,17 „Wer nun weiß, Gutes zu tun, und tut es nicht, dem ist es Sünde.“

„Hast du es bis jetzt geschafft, all das dir bekannte Gute zu tun? Wenn du dich an alle Möglichkeiten das Gute zu tun erinnerst, wirst du feststellen, dass dir deine Zeit nicht ausreicht um es zu vollbringen! Siehst du, dann kannst auch du nicht ohne Sünde bleiben!“ Mit so einem oder mit ähnlichen Aussprüchen hat man mir schon geantwortet. Möchte man hier „auf dem Buchstaben sitzen bleiben“, mag es scheinen, dass solche Argumente überlegen sind. Aber lasst uns ehrlich beurteilen! Hat je ein liebevoller Vater seinem Kind eine Aufgabe gegeben, die es gar nicht erfüllen konnte? Unterstellt man nicht damit auch Gott, unserem Vater, dass Er uns gegenüber ungerechte Forderungen stellt? Ist dann Gott hartherziger als unsere irdischen Väter? Es scheint, man möchte dieses Gebot als unmöglich zu erfüllen betrachten, um es dann ganz fallen zu lassen. Dann möchte man, wie der faule Knecht, sagen: „Herr, ich kannte dich, dass du ein harter Mann bist…“? (Mt 25,24).

Der gesunde Verstand und auch unser Gewissen bezeugen, dass Gott uns nur solche Aufgaben auferlegen will, die wir auch erfüllen können. Aus dem oben erwähnten Gleichnis geht hervor, dass der Herr den Knechten nicht die gleiche Anzahl von Talenten gegeben hat. Er hat uns geschaffen, Er kennt auch unser Vermögen. Wem mehr Gaben und Kräfte verliehen sind, von dem wird Gott auch mehr fordern. Selbst demjenigen, welchem in dem Gleichnis nur ein Talent gegeben worden war, antwortete Gott: „So solltest du nun mein Geld den Wechslern gegeben haben, und wenn ich kam, hätte ich das Meine mit Zinsen erhalten“ (Mt 25,27). Jeder kann Gutes tun. Sind wir immer fleißig gewesen, Gutes zu tun, können wir zuversichtlich sein, denn Gott wird zu uns sagen: „Kommt her, Gesegnete meines Vaters…“ (Mt 25,34). Wenn wir aber jemanden sehen, der Mangel leidet, doch unser Herz für ihn verschließen und ihm keine Hilfe leisten, wie in 1. Joh 3,17 beschrieben ist, wird es uns dann nicht zurecht als Sünde angerechnet? Gott fordert uns nicht auf, am Fuße des Berges zu stehen und jedem Bergsteiger eine Hilfe zu sein. Vielmehr sollen wir wie der barmherzige Samariter denen aushelfen, welchen wir in der Not begegnen. Sünde ist also auch die bewusste Unterlassung des Guten oder der Hilfe, die wir leisten können (vgl. Lk 10,30-32).

Fazit

Ich habe schon Christen getroffen, die scheinbar jeden Fehler und jede Versuchung als Sünde bezeichnen. Ungeachtet dessen sind sie eifrig bemüht, Gott zu gefallen und untadelig vor Ihm zu leben. Werden sie von Gott verstoßen, wenn sie noch nicht ein rechtes Verständnis von der Sünde bekommen haben? Ich denke nicht! Gott wird jedem geben „…nach seinen Werken: ewiges Leben denen, die in aller Geduld mit guten Werken trachten nach Herrlichkeit, Ehre und unvergänglichem Leben, Zorn und Grimm aber denen, die streitsüchtig sind und der Wahrheit nicht gehorchen, gehorchen aber der Ungerechtigkeit; Trübsal und Angst über alle Seelen der Menschen, die das Böse tun…“ (Röm 2,6-9). Ist es dann nur eine Sache der Auslegung und im Prinzip egal? Nein.

Wenn wir die Auslegung annehmen, dass wir nicht ohne Sünde leben können, sind wir uns bewusst, dass wir immer Versager sind. Wir kämpfen und ringen, aber umsonst – wir können der Sünde nicht widerstehen. Wir müssen zugeben, dass der Satan doch überhandgenommen hat. Dann hat uns Jesus nicht befreit. „Wer die Sünde tut, ist aus dem Teufel, denn der Teufel sündigt von Anfang an. Hierzu ist der Sohn Gottes offenbart worden, damit er die Werke des Teufels vernichte“ (1. Joh 3,8).

Jede Knechtschaft ist für die Menschennatur bedrückend, und so ist auch das Leben unter dem Joch der Sünde eine Quälerei. Als Jesus geboren wurde, sprach der Engel zu den Hirten: „Siehe, ich verkündige euch große Freude … Denn euch ist heute ein Retter geboren…“ (Lk 2,10). Dieser Retter kam nicht, um das jüdische Volk aus der Knechtschaft der Römer, sondern aus der Knechtschaft der Sünde zu erlösen! Noch viele andere Bibelstellen sprechen von diesem Evangelium – der „Guten Botschaft“ – für die durch Sünde geplagte Seele. Wahre Freiheit bringt im Leben Zuversicht, dass unser Dienst Gott wohlgefällig ist, es bringt die Gewissheit der Erhörung im Gebet. Sie bringt Freude in der Nachfolge, welche wie eine Triebkraft im Leben eines Christen ist. Ohne wahre Freiheit und ohne Freude ist das Christentum unattraktiv und der Nachahmung nicht wert. So bringt eine verkehrte Auslegung die Christen in eine Stellung, in der sie keine fortwährende Freude genießen können, sich der Nähe Gottes nicht sicher sein können und im Glaubenskampf die Verlierer sind.

Jesus ist auf die Welt gekommen um Freude der Rettung zu bringen! Wenn wir nach dem Gesetz des Geistes leben (vergl. Röm 8,2); wenn wir unser Geist, Seele und Leib untadelig bewahren (vergl. 1.Thess 5,23); wenn wir der Welt gekreuzigt sind und unseren Leib knechten (1.Kor 9,27 und Gal 6,14), so sind wir Sieger! Wir können mit Apostel Paulus sagen; „Gott aber sei gedankt, der uns allezeit im Triumph mitführt in Christus…!“ (2. Kor 2,14). Gott sei Dank! Mit richtiger Auslegung strahlt uns die Bibel mit Rettung und Freude entgegen! Wir sind nicht mehr Feinde und Verlierer, sondern Kinder Gottes. „Wenn aber Kinder, so auch Erben, Erben Gottes und Miterben Christi, wenn wir wirklich mitleiden, damit wir auch mitverherrlicht werden“ (Röm 8,17).