Das Reich Gottes in Propheten und Gleichnissen

Wie stellen wir uns heute ein Königreich vor?

In mehreren Stellen der Bibel, besonders oft in Propheten und im Neuen Bund, kommt das Wort „Reich“ oder auch „Königsherrschaft“ vor. Um die Deutung der Prophetie oder der Gleichnissen Jesu richtig auszulegen sind wir gedrungen den Begriff „Königsherrschaft“ selbst zu definieren. Laut biblischen Schriften war es zu jenen Zeiten die domi­nie­rende Herrschaftsform. Da wir heute keine vergleichbaren Königreiche haben, und gegenwärtig das Erschei­nungsbild eines Königreiches, wie es vor 2000-3000 Jahren existiert hat, nicht betrachten können, wollen wir uns den Beschreibungen der Bibel zuwenden.

Was heute gar nicht vorstellbar ist, ist die fast uneingeschränkte Machtposition bei manchen Königen. Der Prophet Daniel beschrieb die Machtposition des Königs Nebukadnezars mit folgenden Worten: Er „herrsche über alles“ und sogar „die Tiere auf dem Feld und die Vögel im Himmel sind in seine Hand gegeben“ (vgl. Dan 2,37.38). Der König konnte nicht nur die Untertanen enteignen – selbst ihr Leben war damals nicht viel wert. Wir finden in der Bibel im Buch Ester folgende Regel: In den Hof des König Ahasveros durfte man nur auf den Ruf des Königs hin eintreten. Missachtete jemand dieses Gesetz, wurde er getötet, es sei denn, dass der König dem Besucher das goldene Zepter entgegen reicht (vgl. Est 4,11). Ein anderer Fall: Der König Herodes feierte mit seinen Obersten und Vornehmsten seinen Geburtstag. Weil ihm eine junge Frau beim Tanzen  sehr gefallen hatte, versprach er ihr bis zur Hälfte des Königreiches zu schenken. Ihr Wunsch war außergewöhnlich: Sie wollte den Kopf  des Johannes des Täufers  haben. (Mt 14,10). Auch hier gab es damals  weder die für uns selbstverständlichen Gerichte noch Rechtsanwälte, sondern nach dem Wort des Königs wurde der allen Juden bekannte Mann kurzerhand enthauptet und der Kopf der jungen Frau überreicht.

Obwohl nicht alle Könige solche fast uneingeschränkte Macht hatten, wird ein Reich in den Gleichnissen und Prophezeiungen der Bibel oft mit einem Herrscher –   einem König, der Gesetze, Untertanen, eine Armee und Grundbesitz hat – dargestellt. Darum gibt es im Reich Gottes keine Parlamente, keine Neuwahlen, keine Diskussionen zur Lösung gewisser Probleme. Im Folgenden wollen wir die Gleichnisse und Prophezeiungen über das Reich Gottes betrachten, welche immer die oben erwähnte Herrschaftsstruktur zu erkennen geben.

Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden (…)“, sagte Jesus den Jüngern auf dem Ölberg (Mt 28,18).  An dieser Stelle muss  eine kurze Aufklärung hinzugefügt werden: Das Wort „gegeben“ deutet auf einen Empfang dieser Herrschaft hin. Gott der Vater hat Seinem Sohn Jesus Christus alle Macht gegeben. Paulus ergänzt diese Aussage mit der Vision über die zukünftige Entwicklung: „(…) dann das Ende, wenn er (Jesus) das Reich (oder die Königsherrschaft) dem Gott und Vater übergibt; wenn er alle Herrschaft und alle Gewalt und Macht weggetan hat.“ (1.Kor 15,24).

Das globale Reich Gottes

(Mt 13,47-50; Mt 25,31-33; Mt 13,24-30;38-42)

Mt 13,47-50: „Wiederum gleicht das Reich der Himmel einem Netz, das ins Meer geworfen wurde und Fische von jeder Art zusammenbrachte, das sie dann, als es voll war, ans Ufer heraufzogen; und sie setzten sich nieder und lasen die guten in Gefäße zusammen, aber die faulen warfen sie hinaus. So wird es in der Vollendung des Zeitalters sein: Die Engel werden hinausgehen und die Bösen aus der Mitte der Gerechten aussondern und sie in den Feuerofen werfen; da wird das Weinen und das Zähneknirschen sein.“ Hier kündigt Jesus an, dass am Ende der Weltzeit – bei Seiner Wiederkunft – ein Gericht stattfinden wird, in welchem die Guten von den Bösen getrennt werden. Der Schauplatz dieser Ereignisse ist nicht  in einem gewissen Staat oder betrifft nicht nur eine ausgewählte Nation, sondern der ganze Planet Erde wird betroffen sein. So auch in Mt 25,31-33 „Wenn aber der Sohn des Menschen kommen wird in seiner Herrlichkeit und alle Engel mit ihm, dann wird er auf seinem Thron der Herrlichkeit sitzen; und vor ihm werden versammelt werden alle Nationen, und er wird sie voneinander scheiden, wie der Hirte die Schafe von den Böcken scheidet. Und er wird die Schafe zu seiner Rechten stellen, die Böcke aber zur Linken.“Beide Gleichnisse haben Bezug auf das globale Reich Gottes, in dem Sinne, dass es alle Völker der Erde betrifft.

Gott hat die Himmel und die Erde geschaffen (1.Mo 1,1). Er herrscht über das Universum. Alles um uns Sichtbare hat Er als vergänglich geschaffen. (2.Kor 4,18). Das Sichtbare – das Vergängliche – hat aber viel geringeren Wert als das Unsichtbare und Unvergängliche. Darum ist in der Bibel meist nur von geistlichen, unvergänglichen Dingen die Rede. Um unseren geistlichen Stand zu prüfen hat Er eine Art  „Hintergrundkulisse“ aufgebaut. Alles um uns Sichtbare hat Er geschaffen und ist Selber wie in Hintergrund getreten. Er ließ alles wie von alleine wachsen. „Und er sprach: Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mensch den Samen auf das Land wirft und schläft und aufsteht, Nacht und Tag, und der Same sprießt hervor und wächst, er weiß selbst nicht wie. Die Erde bringt von selbst Frucht hervor, zuerst Gras, dann eine Ähre, dann vollen Weizen in der Ähre. Wenn aber die Frucht es zulässt, so schickt er sogleich die Sichel, denn die Ernte ist da“ (Mk 4,26-29). Alle Ereignisse auf dieser Erde laufen  auf das große Ziel unseres Königs zu – den Menschen für Sein Reich vorzubereiten. Zuvor hat Er die Engel geprüft. „(…) und Engel, die ihren Herrschaftsbereich nicht bewahrt, sondern ihre eigene Behausung verlassen haben, hat er zum Gericht des großen Tages mit ewigen Fesseln unter Finsternis verwahrt (…)“ (Judas 6). Jetzt will Er auch die Menschen prüfen. Darum hat auch das Gleichnis in Mk 4,26-29 auf das globale Reich Gottes Bezug.

Weltende, Gericht, Kollaps

In einem weiteren Gleichnis vom Unkraut auf dem Feld spricht Er über Seine Absichten: „Lasst beides zusammen wachsen bis zur Ernte, und zur Zeit der Ernte werde ich den Schnittern sagen: Lest zuerst das Unkraut zusammen, und bindet es in Bündel, um es zu verbrennen; den Weizen aber sammelt in meine Scheune!“ (Mt 13,24-30) Jesus erklärt die Symbole selbst: „(…) der Acker aber ist die Welt; der gute Same aber sind die Söhne des Reiches, das Unkraut aber sind die Söhne des Bösen; der Feind aber, der es gesät hat, ist der Teufel; die Ernte aber ist die Vollendung des Zeitalters, die Schnitter aber sind Engel. Wie nun das Unkraut zusammengelesen und im Feuer verbrannt wird, so wird es in der Vollendung des Zeitalters sein. Der Sohn des Menschen wird seine Engel aussenden, und sie werden aus seinem Reich alle Ärgernisse zusammenlesen und die, die Gesetzloses tun, und sie werden sie in den Feuerofen werfen; da wird das Weinen und das Zähneknirschen sein.“ (Mt 13,38-42). Die Begriffe „Welt“ und „Vollendeung des Zeitalters“ zeigen in diesem Gleichnis unmissverständlich, dass hier von Seinem globalen Reich, von Menschen auf dem Planet Erde und dem Endgericht gesprochen wird. Das Endgericht betrifft das Sichtbare, wo „(…) die Himmel mit gewaltigem Geräusch vergehen, die Elemente aber werden im Brand aufgelöst (…)“ (2.Petr 3,10). Es betrifft aber auch die Seelen der Menschen, die auf dieser Erde wohnen, wie es in der Offb 20,11-15 beschrieben wird.

Das Reich Gottes Israel

(Mt 21,33-43; Lk 14,16-24; Mt 22,2-14)

Mt 21,33-43. Beim Lesen anderer Gleichnisse vom Reich Gottes wird man merken, dass nicht alle von ihnen einen Bezug auf das globale, die ganze Welt umfassendes, Reich haben können. Es sind andere Herrschaftsbereiche dargestellt. Zum Beispiel wird im Gleichnis in Mt 21,33-43 von einem Hausherrn gesprochen, der einen Weinberg anlegte, ihn verpachtete und dann selber verreiste. Bei der Erntezeit sandte er seine Diener, um den Anteil vom Ertrag des Weinbergs zu bekommen. Aber die Weingärtner waren dem Hausherrn untreu, misshandelten oder töteten die gesandten Knechte. Zuletzt töteten sie sogar den gesandten Sohn. Weiter ab Vers 40 heißt es: „(…) Wenn nun der Herr des Weinbergs kommt, was wird er jenen Weingärtnern tun? Sie sagen zu ihm: Er wird jene Übeltäter übel umbringen, und den Weinberg wird er an andere Weingärtner verpachten, die ihm die Früchte abgeben werden zu ihrer Zeit. (…) Das Reich Gottes wird von euch weggenommen und einer Nation gegeben werden, die seine Früchte bringen wird.“ Hier müssen wir die Auslegung vom Ende beginnen. Die Worte „Das Reich Gottes wird von euch weggenommen (…)“ erklären, dass es zur Zeit Jesus ein Reich Gottes gab und dieses unter dem jüdischen Volk war. Dieses wird ihnen dann weggenommen werden. Darum kann das Gleichnis nicht auf das globale Universum oder den planet Erde Bezug haben, sondern nur auf das Volk Israel. Das Gott über das Volk Israel herrschte wird deutlich aus der Antwort Gottes im Buch Samuel: Als das Volk Israel von Samuel einen König verlangte, fragt Samuel Gott um Weisung. In der Antwort bezeugt Gott selbst, dass Er König des Volkes Israel ist. Er sagt zu Samuel: „(…) mich haben sie verworfen, dass ich nicht König über sie sein soll.“ (1.Sam 8,7).

Die vollständige Auslegung des oben erwähnten Gleichnisses müssen wir hier sehr komprimieren, da es sonst den vorgesehenen Rahmen sprengen wird. Da wird Gott mit einem Haushalter verglichen. Er hat mit ihnen einen Bund geschlossen und ihnen ein Gesetz gegeben – einen Weinberg angelegt. Seine Knechte sollten den Weinberg beaufsichtigen – die Priester und Schriftgelehrten sollten ein Vorbild sein und das Volk richtig aufklären. Immer wieder sandte Er Seine Diener – die Propheten – und verlangte von ihnen rechte geistliche Früchte. Das sind unter anderem: Liebe zu Gott und zu den Nächsten, Barmherzigkeit, Treue, Dankbarkeit. Aber das Volk Israel hat diese Früchte nicht in der richtigen Weise Gott dargebracht, nicht so, wie Er es von ihnen verlangte. Stattdessen hat man sich mit dem Einhalten äußerlichen Vorschriften begnügt. Dazu finden wir viele Beispiele, besonders in den Propheten. In Jes 29,13 tadelt Gott Sein Volk, dass es sich nur mit dem Mund zu Ihm naht und „(…) mit seinen Lippen ehrt, während es doch sein Herz fern von mir hält und ihre Furcht vor mir nur angelerntes Menschengebot ist“. Repräsentativ für dieses Problem ist Kapitel 23 aus dem Evangelium des Matthäus. Da deckt Jesus die heuchlerische Frömmigkeit der Pharisäer auf, die „(…) außen zwar schön scheinen, inwendig aber voll von Totengebeinen und aller Unreinheit sind“ (Vers 27). Deshalb wird dieses Reich – diese exklusive Beziehung zum Volk Israel – von ihnen genommen und anderen gegeben. Paulus erklärt dieses Ereignis in Röm 11 im Klartext: „(…) durch ihren (Juden) Fall ist den Nationen das Heil geworden“ (Vers 11). Siehe auch Apg 11,18; Röm 2,17.23. Im Markusevangelium 12,1-10 haben die Hohenpriester, Schriftgelehrten und Älteste folgendermaßen auf dasselbe Gleichnis wie in Mt 21,33-43 reagiert: „Und sie trachteten danach, ihn zu ergreifen, und fürchteten sich doch vor dem Volk; denn sie verstanden, dass er auf sie hin dies Gleichnis gesagt hatte.“ Demzufolge wird klar, dass in diesen Gleichnissen Gott als Herrscher über das Volk Israel dargestellt wird.

In Lk 14,16-24 und Mt 22,2-14 vergleicht Jesus die Freude im Dienste Gottes mit einem Festmahl. Wer Gott dient, hat dabei echte Freude und Zufriedenheit. Gott ist die Quelle des Guten, Er gibt dem Herzen Trost, Zufriedenheit und Glück. Dabei muss der Mensch seine Begierde im Zaum halten, denn „(…) das Fleisch begehrt auf gegen den Geist“ (Gal 5,17). In diesem inneren Kampf gibt der Mensch oft den eigenen Begierden nach und wird durch die List und Beihilfe des Satans „umgeleitet“, Freude in den Vergnügungen der Welt zu suchen.  Vor diesem Hintergrund kann man besser folgende Gleichnisse von Jesus verstehen:

Lk 14,16-24. Als Jesus auf dem Festmahl bei einem Obersten der Pharisäer unter den Eingeladenen war, sprach einer von denen, die mit zu Tisch lagen: „Glückselig, wer essen wird im Reich (Königsherrschaft) Gottes!“ (Lk 14,15). Daraufhin sprach Jesus in einem Gleichnis von einem Menschen, der ein Gastmahl veranstaltete und Gäste eingeladen hatte. Sein Knecht hatte aber keinen Erfolg, weil jeder der Eingeladenen sich auf seine eigene Art entschuldigte und nicht zum Fest kommen wollte. Da wurde der Herr zornig und sagte zu seinem Knecht: „Geh hinaus auf die Wege und an die Zäune und nötige sie hereinzukommen, dass mein Haus voll werde! Denn ich sage euch, dass nicht einer jener Männer, die eingeladen waren, mein Gastmahl schmecken wird.“ (Lk 14,16-24). Auch hier meinte Jesus das Volk Israel. Sie haben die Freude im Dienste Gottes verachtet und sind eigene Wege gegangen. Wie schon im Prophet Jeremia 2,13 Gott das Volk Israel tadelte: „Denn zweifach Böses hat mein Volk begangen: Mich, die Quelle lebendigen Wassers, haben sie verlassen, um sich Zisternen auszuhauen, rissige Zisternen, die das Wasser nicht halten.“ Nur das hier die Freude nicht mit dem Fest, sondern mit dem Wasser verglichen wird. Im trockenen Klima Palästinas und angrenzenden Wüsten ist Wasser eine willkommene Erfrischung und wurde darum auch an anderen Bibelstellen mit der Freude verglichen. Daraufhin lädt Gott jetzt alle Völker zum Fest ein – das Evangelium soll allen Völkern bekannt werden. Wir wollen nochmal die Aufmerksamkeit des Lesers auf einen wesentlichen Sachverhalt lenken: Auch unter dem jüdischen Volk hat das Reich Gottes nicht Bezug auf die sichtbare Materie wie den Körper der Menschen, sondern auf das Wichtigste – die Seelen der Gläubigen.

Mt 22,2-14. Nach diesen Erklärungen dürfte es nicht schwer sein, das Gleichnis in Mt 22,2-14 zu verstehen. Nur dass es da einen Unterschied zu anderen Gleichnissen gibt – es geht hier um den Stand des Volkes Israel im geistlichen Reich. Es gibt noch eine  weitere Definition, die wir ausführlicher im nächsten Kapitel betrachten werden. Nun zurück zu Mt 22: Auch in diesem Gleichnis spricht Jesus von  dem Festmahl eines Königs – einer Hochzeit für Seinen Sohn. Die eingeladenen Gäste lehnten die Einladung des Königs ab und gingen „der eine auf seinen Acker, der andere an seinen Handel. Die Übrigen aber ergriffen seine Knechte, misshandelten und töteten sie.“ Daraufhin wurde der König zornig, „sandte seine Truppen aus, brachte jene Mörder um und steckte ihre Stadt in Brand.“ Auch hier deutet Jesus darauf hin, dass Gott zukünftig diese geistliche Freude nicht nur dem auserwählten Volk geben wird. Zukünftig  darf jeder zur Hochzeit des Sohnes kommen  wo immer er auch gefunden wird – auf den „Kreuzwegen der Landstraßen“, sowohl „Böse“  als auch „Gute“. Alle Völker werden zu dieser Hochzeit, dieser Freude im Dienste Gottes eingeladen sein, damit er, Jesus, der Erstgeborene „sei unter vielen Brüdern“ (Röm 8,29). Diejenige, die durch das Blut Jesus Christus gerechtfertigt sind und die Kleider der Gerechtigkeit anhaben, können an dieser Hochzeit – dieser Freude – teilhaben. Ein Heuchler kann auf dieser Hochzeit keinen Platz  bekommen – er wird von dem König erkannt und herausgeworfen, „hinaus in die äußere Finsternis; da wird das Weinen und das Zähneknirschen sein“ (Mt 22,13). Dieser Gedanke wird deutlich in Mat 8,11-12 von Jesu ausgesprochen: „Ich sage euch aber, dass viele von Osten und Westen kommen und mit Abraham und Isaak und Jakob zu Tisch liegen werden in dem Reich der Himmel, aber die Söhne des Reiches werden hinausgeworfen werden in die äußere Finsternis; da wird das Weinen und das Zähneknirschen sein.“

Das geistliche Reich Gottes

( Lk 16,16; Lk 17,20; Dan 2,35; Mr 4,30.31)

In Mt 3,2 trat Johannes mit den Worten vor dem Volk auf: „Tut Buße! Denn das Reich der Himmel ist nahe gekommen.“ Aus seinen Worten sehen wir, dass dieses Reich noch nicht gekommen war. Es kann also keines aus den vorher erklärten zwei Erscheinungsbilder des Reiches Gottes sein. Auch Jesus selber gibt Anlass, über noch ein anderes Reich oder einen anderen Herrschaftsbereich zu sprechen: „Das Gesetz und die Propheten gehen bis auf Johannes; von da an wird die gute Botschaft vom Reich Gottes verkündigt, und jeder dringt mit Gewalt hinein“ (Lk 16,16). An anderer Stelle sagt Jesus zu diesem Thema: „Und er sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Es sind einige von denen, die hier stehen, die den Tod nicht schmecken werden, bis sie das Reich Gottes in Kraft haben kommen sehen“ (Mk 9,1). Beide Bibelstellen weisen auf ein zukünftiges Reich hin. Um schneller den Sachverhalt aufklären zu können, wollen wir noch eine weitere Bibelstelle anführen. „Und als er von den Pharisäern gefragt wurde: Wann kommt das Reich Gottes?, antwortete er ihnen und sprach: Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man es beobachten könnte; auch wird man nicht sagen: Siehe hier! Oder: Siehe dort! Denn siehe, das Reich Gottes ist mitten unter (ist innerhalb von) euch“ (Lk 17,20). Es muss sich hier also um ein Reich handeln, welches in uns – in unseren Herzen –  seinen Platz hat. Diejenige, die ihr Herz durch das Blut Jesus gereinigt und es Gott geschenkt haben, zählen zu diesem Reich Gottes. In ihnen hat Gott ein Reich aufgebaut und kann in ihren Herzen herrschen. Es ist ein unsichtbares, geistliches Reich. Von diesem Reich sprach Daniel: „Und in den Tagen dieser Könige (der Zeit des Römischen Reiches – Anm. d. Verf.) wird der Gott des Himmels ein Königreich aufrichten, das ewig nicht zerstört werden wird. Und das Königreich wird keinem anderen Volk überlassen werden; es wird all jene Königreiche zermalmen und vernichten, selbst aber wird es ewig bestehen (…)“ (Dan 2,35).

Obwohl Jesus mit keiner Armee in Jerusalem einmarschierte, keine diplomatischen Abkommen mit den zu dieser Zeit herrschenden Königen aushandelte, dafür  zwölf ungebildete Jünger hatte, konnte sich Seine Gute Botschaft  über die ganze Erde verbreiten. „Und er sprach: Wie sollen wir das Reich Gottes vergleichen? Oder in welchem Gleichnis sollen wir es darstellen? Wie ein Senfkorn, das, wenn es auf die Erde gesät wird, kleiner ist als alle Arten von Samen, die auf der Erde sind; und wenn es gesät ist, geht es auf und wird größer als alle Kräuter, und es treibt große Zweige, so dass unter seinem Schatten die Vögel des Himmels nisten können“ (Mk 4,30.31). Viele hundert Millionen Menschen haben ihr Herz Jesus geschenkt und waren bereit, Ihm bis in den Tod  treu zu bleiben. Als Pilatus von Jesus wissen wollte, warum man ihn überliefert hatte und warum man Ihn für einen König hält, antwortete Er: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt; wenn mein Reich von dieser Welt wäre, so hätten meine Diener gekämpft, damit ich den Juden nicht überliefert würde, jetzt aber ist mein Reich nicht von hier. Da sprach Pilatus zu ihm: Also bist du doch ein König? Jesus antwortete: Du sagst es, dass ich ein König bin. Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis gebe. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört meine Stimme“ (Joh 18,36).

Wie schon durch die erwähnten Gleichnisse ersichtlich, spricht Gott durch Sein Wort viel in Bildern. Und dabei geht es ihm um das Wichtigste – um die Herzen der Menschen, um eine Beziehung zu Ihm. Obwohl in dieser Aufklärung, zum besseren Verständnis, der Begriff des „Reiches“ in das globale Reich, das Reich Gottes über Israel und das geistliche Reich aufgeteilt wurde, bezieht es sich immer auf den inwendigen Menschen.

Das himmlische Reich Gottes

(Hebr 12,22-24; 2. Tim 4,18; 1. Kor 15,40-50; Gal 5,19-21; Eph 5,5; Off 1,9)

Dieses geistliche Reich schließt nicht nur die jetzt noch lebenden Christen ein, sondern auch die Seelen derer, die schon im Himmel sind. Den Christen aus den Hebräern wurde in dem Brief erklärt: „(…) ihr seid gekommen zum Berg Zion und zur Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem; und zu Myriaden von Engeln, einer Festversammlung; und zu der Gemeinde der Erstgeborenen, die in den Himmeln angeschrieben sind; und zu Gott, dem Richter aller; und zu den Geistern der vollendeten Gerechten; und zu Jesus, dem Mittler eines neuen Bundes“ (Hebr 12,22-24). Wenn die Gläubigen ihren geistlichen Kampf beenden, erwartet sie ein reiches Erbe. Sie werden vom Glauben zum Schauen übergehen. Paulus schreibt voller Zuversicht über diese Hoffnung: „Der Herr wird mich retten von jedem bösen Werk und mich in sein himmlisches Reich hineinretten“ (2.Tim 4,18). In diesem Reich haben wir einen anderen Körper. Es muss jedem klar sein, dass dieses Reich Fleisch und Blut nicht erben können. (1.Kor 15,40-50). In diesem Reich hat Sünde keinen Platz. Paulus listet in Gal 5,19-21 auf: „Unzucht, Unreinheit, Ausschweifung, Götzendienst, Zauberei, Feindschaften, Streit, Eifersucht, Zornausbrüche, Selbstsüchteleien, Zwistigkeiten, Parteiungen, Neidereien, Trinkgelage, Völlereien und dergleichen. Von diesen sage ich euch im Voraus, so wie ich vorher sagte, dass die, die so etwas tun, das Reich Gottes nicht erben werden.“ (Vgl. auch Eph 5,5). Alle wahren Christen wissen, dass sie sich schon jetzt in diesem Reich befinden. An mehreren Stellen des Neuen Testaments finden wir Worte, die von dieser vollen Überzeugung sprechen. Johannes schreibt in Off 1,9: „Ich, Johannes, euer Bruder und Mitteilhaber an der Bedrängnis und am Königtum (…).“ Wer ein Kind Gottes geworden ist und sein Herz rein erhält, ist schon jetzt ein Bürger dieses unsichtbaren geistlichen Reiches und blickt voller Zuversicht auf sein unvergängliches Erbe.

Du und das Reich Gottes

Und du? Bist du schon ein Bürger dieses unerschütterlichen, gerechten und unvergänglichen Reiches? Hast du ernstlich in der Bibel geforscht, welche „Rechte und Pflichten“ es in diesem Reich gibt? Bedenke: Sich selbst  gerecht einzuschätzen, ist mit fatalen Folgen verbunden. Jesus sprach zu den Juden: „Wahrlich, ich sage euch, dass die Zöllner und die Huren euch vorangehen in das Reich Gottes“ (Mk 21,31). Nicht nur „voran zu gehen“, sondern ans Ziel zu kommen ist durchaus wichtig; deshalb müssen wir uns genau an die Bedingungen halten, die uns Gott in seinem Wort vorgibt. Dazu sagt Jesus: „Wahrlich, ich sage euch, wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr keinesfalls in das Reich der Himmel hineinkommen“ (Mt 18,3). Mehr  zu dem Thema der Gerechtigkeit aus Glauben und nicht aus Werken lese bitte im Beitrag auf dieser Homepage „Gute Werke vor der Bekehrung“. Wie gehen Seine Diener mit ihnen anfertrauten Talenten um? In Mt 19,23 spricht Jesus zu Seinen Jüngern über das Verhältnis zu den irdischen Gütern: „Schwer wird ein Reicher in das Reich der Himmel hineinkommen“. Diese drei Bibelstellen zeigen, dass Gott in den Herzen derer, die Ihm dienen wollen, eine Gesinnungsänderung und komplette Neuausrichtung in der Lebensführung schaffen will.

Was können wir zu dem Zeitpunkt des Kommens oder der Gründung dieses Reiches sagen? Das Kommen des Reich Gottes liegt nicht in ferner Zukunft. Sogar zu seinen Jüngern sprach Jesus vom seinem baldigen Kommen. Er sprach. „Wahrlich, ich sage euch: Es sind einige von denen, die hier stehen, die den Tod nicht schmecken werden, bis sie das Reich Gottes in Kraft haben kommen sehen“ (Mk 9,1). Dieses hat sich zu Pfingsten erfüllt. Die Kraft, von der Jesus sprach, besteht nicht nur in Zeichen und Wundern, die Gott in dieser Zeit geschehen ließ, sondern vielmehr in der Kraft des Heiligen Geistes, der den Menschen die Kraft gibt, ein heiliges Leben zu führen und nicht mehr zu sündigen. Nebenbei sei bemerkt, dass in dem „Mustergebet“ Jesu die Worte „Dein Reich komme (…)“ (Mt 6,10) nur zu Jesu Zeiten aktuell waren. Das Reich kam, das Gebet wurde erhört – es hat sich schon längst alles erfüllt. Diesen Satz heute noch zu  beten und das Reich herbei zu sehnen ist darum  überflüssig geworden.

Gleich wie der Sämann seinen Samen ausstreut, redet Jesus noch heute zu dir (vgl. Mt 13,3-8,18-23). Soll die Gute Botschaft in deinem Herzen von Satan geraubt werden? Willst du für das himmlische Reich dreizig-, sechzig- oder sogar hundertfältige Frucht bringen? Jesus will in deinem Herzen regieren und will Gemeinschaft mit dir haben! Petrus ermutigt uns: „Darum, Brüder, befleißigt euch umso mehr, eure Berufung und Erwählung festzumachen! Denn wenn ihr diese Dinge tut, werdet ihr niemals straucheln. Denn so wird euch reichlich gewährt werden der Eingang in das ewige Reich unseres Herrn und Retters Jesus Christus.“ (2.Petr 1,11).